Bereits vergangene Woche legte die "Sport Bild" vor, am Sonntagmittag zog der "kicker" nach. Thomas Müller soll beim FC Bayern keinen neuen Vertrag über den Sommer hinaus erhalten. Die Bosse des FC Bayern erfüllen ihm seinen Wunsch, noch ein Jahr länger zu spielen, nicht.
Die Münchner lassen damit ihre absolute Identifikationsfigur der vergangenen 17 Jahre ziehen.
Müller war nie um einen witzigen Spruch oder eine knallharte Analyse verlegen. Egal, ob er Stammspieler oder nur Ersatz wie unter Niko Kovač oder Thomas Tuchel war: Müller stellte sich vor die TV-Kameras und erklärte schonungslos, was bei seinem Herzensverein falsch läuft.
Wie groß die Wertschätzung der Fans ist, ist in der Münchner Allianz Arena zu hören, wenn er mal wieder für ein paar Minuten eingewechselt wird oder ein Tor (bisher zwei) schießt und die über 70.000 Fans seinen Namen brüllen. Aber diese Momente sind unter Vincent Kompany seit Sommer immer weniger geworden. Die Regel sind 90 Minuten Bank oder Kurzeinsätze über ein bis zehn Minuten und nicht die volle Spielzeit.
Hin und wieder kann er dem Team wichtige oder sogar bessere Impulse geben als Spieler wie Leroy Sané oder Serge Gnabry, die extreme Formschwankungen mitbringen. Thomas Müller unterschreitet ein gewisses Level nie, doch auch ihm sind seine 35 Jahre anzumerken.
Der Schnellste war er nie, das stellte Karl-Heinz Rummenigge in der Amazon Doku über den 2014er-Weltmeister bereits heraus. Doch schon bei der EM im vergangenen Sommer und bei seinen aktuellen Kurzeinsätzen ist zu erkennen, dass die Spritzigkeit merklich verloren gegangen ist. Laufduelle verliert Müller in der Regel.
Und gerade nach den kostspieligen Verlängerungen mit Jamal Musiala, Joshua Kimmich und Alphonso Davies muss Sportvorstand Max Eberl die Sparvorgabe des Aufsichtsrates so langsam mit Leben füllen. Es ist eine bittere Erkenntnis, aber Thomas Müller hat beim FC Bayern nicht mehr oberste Priorität.
Dass der Rekordmeister sein Gehalt von geschätzten 20 Millionen Euro unter diesen Umständen nicht weiter bezahlen kann, dürfte nur verständlich sein. Auch nur die Hälfte wäre ob der geringen Einsatzzeiten nicht zu rechtfertigen.
Offiziell ist das alles natürlich noch nicht und daher auch unklar, ob Müller seine Karriere beendet oder nochmal beispielsweise in die USA wechselt. Wobei sich beim Thema USA noch eine Frage aufdrängt.
Der Vertrag der Vereinslegende läuft noch bis 30. Juni, sechs Tage zuvor haben die Bayern ihr letztes Gruppenspiel gegen Benfica Lissabon im Rahmen der Klub-Weltmeisterschaft in den USA. Das Finale findet jedoch erst am 13. Juli statt – dann wäre er offiziell schon kein Spieler des Klubs mehr.
Müller gar nicht erst mitzunehmen, wäre nicht nur aufgrund der angespannten personellen Situation rund um das Nations-League-Finale, das eine Woche zuvor stattfindet, überaus riskant. Auch wenn die Bayern-Bosse bereits erklärten, dass es Gedanken gibt, verliehene Spieler vorzeitig zurückzuholen.
Neben dem sportlichen Wert würde Müller zudem als Aushängeschild und Werbefigur auf dem hart umkämpften US-Markt fehlen. Das wissen die Vereinsbosse ebenfalls: Nicht umsonst soll er nach seiner aktiven Laufbahn in den Verein eingebunden werden und darf sich seinen Job fast aussuchen.
Und für Müller gibt es leise Hoffnung, dass er als eine Art spielendes Maskottchen mit der Mannschaft in die USA fliegt. Laut Vorstandsboss Jan-Christian Dreesen gibt es vor dem Turnier noch die Möglichkeit, Verträge auch nur kurzzeitig zu verlängern. "Aber das müssen wir abstimmen. Wir wollen den bestmöglichen Kader haben, weil wir das bestmögliche Ergebnis haben wollen", machte er in einer Medienrunde klar.
Also vielleicht wird Thomas Müller auf seinen letzten Tagen als Bayern-Spieler noch einmal ungeahnt wichtig. In welcher Rolle auch immer.
