Am 34. Spieltag werden Tribünen beben und die Fingernägel kürzer. Warum? Im Saisonfinale der 2. Bundesliga entscheidet sich, wer aufsteigt. In der Bundesliga, wer die Königsklasse erreicht und welcher Klub in die Relegation muss. Mit Drama und Hochspannung darf zu rechnen sein.
Aber zwischen all den Aufstiegsträumen und Abstiegsängsten entscheiden an diesem Wochenende nicht nur Taktik oder Technik – sondern vor allem mentale Stärke. Ein kühler Kopf ist gefragt, Angst und Nervenflattern kann jetzt niemand gebrauchen. Richtig?
"Spieler wollen performen, aber wenn sie Angst vor dem Scheitern haben, blockieren sie", erklärt Sportpsychologe René Paasch gegenüber watson. "Dann funktionieren Automatismen nicht mehr, Entscheidungen dauern länger – das lässt sich kognitiv nachweisen und zeigt sich auch auf dem Platz."
Aber in welchem Verein schlägt das Angst-Barometer am stärksten aus? In Köln jedenfalls nicht. Dort versprüht Friedhelm Funkel Gelassenheit. Und das, obwohl jeder weiß: Die Aufstiegsparty kann zum Albtraum werden.
Denn nur wenn der FC mindestens einen Punkt gegen Kaiserslautern holt, ist der direkte Aufstieg in die Bundesliga perfekt. Verlieren die Kölner, bleibt die Sause aus.
Über ein "was wäre, wenn" sollten sich Spieler und Trainer laut Paasch aber bloß nicht den Kopf zerbrechen. "Die Fokussierung auf das Hier und Jetzt ist entscheidend." Auch, wenn das häufig anders ist. "Statt sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, kreisen die Gedanken oft schon um die Folgen eines möglichen Nicht-Aufstiegs." Oder um mögliche Konsequenzen einer durchzechten Partynacht.
Das mediale Getöse rund um Tim Lemperle, der den Verein nach Saisonende verlassen wird und dies wohl zum Anlass nahm, mitten im Aufstiegsrennen um die Häuser zu ziehen, trübte die rheinische Euphorie Anfang der Woche.
"Es gab einige Schlagzeilen, ob der Aufstieg dadurch gefährdet sein könnte", sagte Trainer und Ruhepol Funkel auf der Pressekonferenz: "Mitnichten! Das hat auf das Spiel am Sonntag, auf die Leistung am Sonntag überhaupt keinen Einfluss. Null Einfluss."
Ob die Störgeräusche wirklich keinen Einfluss haben, mag zu bezweifeln sein. "Das hängt vom Spieler ab", sagt Paasch. "Manche blenden das aus, andere nehmen es sehr wohl wahr. Die Außenwirkung kann nach innen wirken – über Medien, Fans, negative Kommentare."
Während alle Augen am Sonntag auf Köln gerichtet sind, träumt Elversberg in aller Gelassenheit vom Durchmarsch.
Drei Aufstiege in vier Jahren – das wäre mehr als eine sportliche Sensation, das wäre im Sinne jedes Fußballromantikers. "Es ist das pure Vergnügen", sagte Sportdirektor Nils-Ole Book im Gespräch mit dem "Kicker": "Anders als in der Regionalliga und teilweise auch in der 3. Liga, als wir zwischenzeitlich großen Vorsprung hatten, fühlt es sich jetzt überhaupt nicht nach Druck an."
Die Spieler von Horst Steffen wirken befreit und genau das könnte der Schlüssel sein. "Ganz ohne Druck ist niemand. Aber der äußere Erwartungsdruck ist bei Elversberg sicher geringer. Und das ermöglicht mehr Leichtigkeit – was definitiv ein Vorteil ist", analysiert Paasch.
Aber nicht nur den Spielern, sondern auch den Trainern kommt am letzten Spieltag eine zentrale Rolle zu. Weder Steffen noch Funkel können noch taktische Wunderdinge vollbringen. Was zählt, ist das Menschliche, meint Paasch. "Es geht nicht mehr darum, ihnen zu erklären, wie Fußball funktioniert – das können sie. "Jetzt zählt das Zwischenmenschliche."
(Mit Material vom SID)