Der Hamburger Sportverein steckt tief in der Krise. Nach 16 Spieltagen hat der Traditionsverein lediglich 25 Punkte zu verbuchen. Das ist die bisher schlechteste Saison, seit der Bundesliga-Dino 2018 den Weg in die Zweitklassigkeit antreten musste.
Auch unter Interimstrainer Merlin Polzin, der die Mannschaft nach der Entlassung von Steffen Baumgart übernommen hat, blieb der HSV zuletzt blass. Beim 1:1 gegen Aufsteiger SSV Ulm brachten die Hamburger in der ersten Halbzeit nicht einen Schuss aufs Tor.
Sportvorstand Stefan Kuntz hat dem 34-Jährigen ausdrücklich die Chance gegeben, sich bis Weihnachten für ein längerfristiges Engagement zu empfehlen. Sollten die Nordlichter auch beim letzten Spiel des Jahres gegen Greuther Fürth nicht gewinnen, scheinen die Tage von Polzin als Coach aber gezählt.
So oder so dürften es an der Elbe ungemütliche Weihnachtsferien werden. Nicht zuletzt wegen der Verbannung von Levin Öztunali in die zweite Mannschaft. Die Personalie sorgt für reichlich Zündstoff, denn der 28-Jährige ist Enkel der größten Vereinslegende Uwe Seeler.
Drei Männer mit großen Verdiensten um den Verein kritisieren den Umgang mit Öztunali scharf.
Polzins Entscheidung, Seeler-Enkel Öztunali neben Moritz Heyer aus dem Kader der ersten Mannschaft zu streichen, kommt bei drei HSV-Granden gar nicht gut an. Felix Magath, der in Hamburg sowohl auf dem Feld, als auch an der Seitenlinie stand, bemängelt den Vorgang. "Wenn es stimmt, dass nichts vorgefallen ist, ist diese Entscheidung fragwürdig", betont er gegenüber der "Sport Bild".
Wie das Magazin berichtet, soll die Maßnahme zum Bruch mit der Seeler-Familie geführt haben. Durch die Verbannung in die zweite Mannschaft solle der Druck auf den Mittelfeldspieler erhöht werden, den Verein im Winter zu verlassen. Die Führungsetage wolle sein Monatsgehalt von rund 40.000 Euro einsparen.
Der 28-Jährige, der 2023 ablösefrei von Union Berlin zu seinem Jugendklub zurückkehrte, ist noch bis 2026 unter Vertrag. In dieser Saison brachte es Öztunali lediglich auf 27 Minuten Spielzeit bei zwei Kurzeinsätzen. Baumgart soll ihm bereits angeraten haben, über einen Wintertransfer nachzudenken. Die Aussortierung erfolgte dennoch erst unter Polzin.
Thomas Doll, ebenfalls Ex-Spieler und -Trainer vermisst das "Fingerspitzengefühl" in der Causa Öztunali. Natürlich versuche jeder Trainer, die besten Spieler aufzustellen, betont er. "Es wäre aber der bessere und fairere Weg gewesen, es mit ihm bis zur Winterpause durchzuziehen und dann eine andere Lösung zu finden, wenn man von ihm sportlich nicht mehr überzeugt ist", sagt der 58-Jährige der "Sport Bild".
Harry Bähre, Mitspieler der verstorbenen Vereins-Ikone Seeler und ehemaliger HSV-Vorstand, bemängelt den Umgang mit Öztunali vor allem im Kontext seines familiären Hintergrundes. "Im Fußball gilt sicher das Leistungsprinzip", betont der 83-Jährige gegenüber der "Sport Bild". "Aber diese Entscheidung ist für mich viel zu hart. Zumal es um den Enkel der Familie Seeler geht." Es gebe andere Möglichkeiten, die Mannschaft wachzurütteln, betont Bähre.