Wenn der HSV am Sonntagmittag beim Karlsruher SC antritt, wird erstmals seit knapp neun Monaten nicht Steffen Baumgart an der Seitenlinie stehen. Stattdessen wird von dort aus Merlin Polzin versuchen, das Ruder nach zuletzt fünf sieglosen Spielen herumzureißen.
Es ist eine Aufgabe, die aus vielen Gründen keine leichte ist. Der KSC hat zuletzt wieder in die Spur gefunden, grüßt momentan vom zweiten Tabellenplatz. Der HSV hingegen strotzt nach mehreren enttäuschenden Auftritten nicht gerade vor Selbstvertrauen.
Die Rothosen streuten in den vergangenen Wochen pro 90 Minuten je mindestens einen schweren Fehler ein, der sie aus dem Konzept brachte.
Dazu ist für alle Beteiligten klar: Polzin steht lediglich als Interimslösung an der Seitenlinie, womöglich nur für dieses eine Spiel. Wie viel kann er da tatsächlich schon bewegen?
Denn der Hamburger SV, das ist ein offenes Geheimnis, sucht in Person von Sportvorstand Stefan Kuntz und Sportdirektor Claus Costa nach einem neuen Cheftrainer. An potenziellen Kandidaten wurde seit Sonntag medial gut ein Dutzend gehandelt. Das Feld aber schrumpft.
Denn der wohl größte Name auf der Liste, der Favorit vieler Fans, ist offenbar keine Option mehr. Am Mittwochabend meldete unter anderem Sky, dass Ruud van Nistelrooy dem HSV abgesagt hat. Demnach stehe er kurz davor, Trainer von Premier-League-Klub Leicester City zu werden.
Niederländische und englische Medien berichteten dies ebenfalls, am Donnerstagmorgen sprang dann auch Transferexperte Fabrizio Romano auf den Zug auf. Die Vertragsdokumente sollen nur noch geprüft werden, die Verkündung stehe kurz bevor.
Van Nistelrooy soll die Wunschlösung von einigen HSV-Verantwortlichen gewesen sein, trotz – oder vielleicht gerade auch wegen – seiner Absage verdichten sich die Anzeichen in Hamburg nun aber. Darauf lässt zumindest ein Bericht des "Kicker" schließen.
Demnach spricht vieles für Bruno Labbadia, der schon zweimal Trainer des Hamburger SV war, was über seine gute Beziehung zu Kuntz hinausgeht. Der Übungsleiter lebt in Hamburg, habe eine Affinität zum Verein und in der Vergangenheit zudem bereits nachgewiesen, knifflige Aufgaben "mit Pragmatismus und viel Energie" bewältigen zu können.
Gerade der Aspekt des Pragmatismus sei bei der Trainersuche aktuell besonders wichtig, denn der HSV will endlich aufsteigen. Der Kader wird als aufstiegstauglich eingeschätzt, Labbadia müsste also anders als bei der Rettung 2015 nicht einmal ein Wunder bewirken.
Für eine dritte Labbadia-Amtszeit beim Hamburger SV macht sich auch Rafael van der Vaart stark. "Bruno ist ein erstklassiger Coach, der jede Mannschaft besser macht. Mit ihm wäre der Aufstieg drin", sagte die HSV-Legende im Gespräch mit "Bild".
Labbadia sei "ein harter Arbeiter, der viel von seinen Spielern verlangt. Aber sein Erfolg gibt ihm recht", charakterisierte der Niederländer den Trainer. 2015, während der zweiten Amtszeit des Coaches in der Hansestadt, arbeiteten beide zusammen.
Auch menschlich konnte der Übungsleiter seinerzeit einen bleibenden Eindruck hinterlassen:
Eine Rückholaktion von Labbadia wäre also keine große Überraschung mehr. Gleichwohl darf es nicht verwundern, wenn unter den Fans dann keine Jubelstürme ausbrechen. Bei seiner letzten Trainerstation, beim VfB Stuttgart, war Labbadia lediglich drei Monate im Amt, bei Hertha zuvor neun Monate. Konstanz sieht anders aus.