
Der Netflix-Film "Im Wasser der Seine" verantwortet sich gerade vor Gericht.Bild: Netflix
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Anfang Juni erschien der französische Film "Im Wasser der Seine" bei Netflix. Der Hai-Horror erntete größtenteils wohlwollende Kritiken, setzte sich direkt an die Spitze der Plattform-Charts und biss sich dort hartnäckig fest.
Der Erfolg des Werkes von Xavier Gens wird aber überschattet von Plagiatsvorwürfen. Der Autor und Regisseur Vincent Dietschy behauptet, dass seine Geschichte geklaut und für den Netflix-Film verwendet wurde. Er strengte eine Klage wegen unlauteren Wettbewerbs an.
"Im Wasser der Seine": Schlammschlacht um Netflix-Film beginnt
Am Freitag (14. Juni) fand die erste Anhörung statt. Berichte aus dem Gericht beschreiben einen schwer mitgenommenen Kläger, der jedoch eine umfassende Liste mit vermeintlichen Ähnlichkeiten vorlegte. Aber auch die Gegenseite, die Netflix sowie die Produzenten des Films vertritt, zeigte sich selbstsicher. Sie argumentiert mit Steven Spielberg und dessen Hai-Klassiker "Der weiße Hai".
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Worum geht es in "Im Wasser der Seine"?
Diese Frage ist entscheidend für Verlauf und wahrscheinlich auch Ausgang des Prozesses, der nun in Paris abgehalten wird. Die offizielle Inhaltsangabe liest sich folgendermaßen:
"Es ist der Sommer 2024 und Paris trägt zum ersten Mal an der Seine die Weltmeisterschaft im Triathlon aus. Sophia, eine brillante Wissenschaftlerin, erfährt von der jungen Umweltaktivistin Mika, dass in den Tiefen des Flusses ein riesiger Hai lauert. Wenn sie ein Blutbad im Herzen der Stadt verhindern wollen, wird ihnen nichts anderes übrig bleiben, als mit dem Chef der Flussbrigade der Pariser Polizei Adil zusammenzuarbeiten."
So sieht die angeblich kopierte Version des Films aus
Vincent Dietschy arbeitete nach eigenen Angaben seit 2011 an einem Projekt namens "Silure". Darin geht es um einen Wels, der durch Mutationen genetisch verändert wurde und Jagd auf Menschen macht, und das ausgerechnet während eines großen Sportereignisses in Paris. Die Heldin ist eine junge Polizistin, die sich gegen den Bürgermeister durchsetzen muss.
Regisseur klagt wegen 135 Ähnlichkeiten gegen Netflix
Dietschy klagt gegen die Produzenten Edouard Duprey und Sébastien Auscher sowie gegen den Agenten Laurent Grégoire. Letzteren, so erklärte er laut "Libération", traf er 2015 beim Alpe d'Huez-Festival. Dietschy habe Grégoire anschließend eine Version seines "Silure"-Projekts geschickt. Wegen finanzieller Schwierigkeiten wurde der Film nicht umgesetzt.
Zum Zeitpunkt des Festivals hätten aber auch die "Im Wasser der Seine"-Produzenten ihre Idee unter die Leute gebracht: Ein Prozess, der "typisch für die Kinobranche" sei, in der "alles im Umlauf ist".
Umso wichtiger wird die Frage, wie ähnlich die Versionen der Filme sich wirklich sind. Der Anwalt von Diestchy präsentierte dem Richter am Freitag eine Tabelle. Darauf sind "die erstaunlichen Ähnlichkeiten" zwischen den jeweiligen Handlungsszenarien aufgeschlüsselt. 135 "Berührungspunkte" zählt das Dokument.
Netflix-Anwalt argumentiert mit Steven Spielberg-Beispiel
Der Anwalt Charles Bouffier vertritt Netflix in der Verhandlung. Ihm zufolge "beruht die gesamte Argumentation der Kläger auf der Annahme, dass die Produzenten des Films 'Im Wasser der Seine' Zugang zu Dietschys Entwurf gehabt hätten". Das sei seiner Meinung nach jedoch nicht bewiesen. Er sagt: "Im Urheberrecht sprechen wir von einer zufälligen Begegnung zweier ähnlicher Ideen. Aber Ideen sind nicht gesetzlich geschützt."

"Der weiße Hai" wird wichtig für den Netflix-Prozess.Bild: Universal
An diesem Punkt wird die Diskussion geradezu cineastisch. Sie könnte so auch an einem WG-Tisch zwischen zwei Filmwissenschaftsstudent:innen stattfinden.
Genre-Filme, in diesem Fall das Genre des Hai-Horrors, würden schließlich zwangsläufig ähnliche, wiederkehrende Handlungsmuster und Klischees aufgreifen. Daraus ergibt sich in der Tat erst das Wesen eines Genres.
Der Netflix-Anwalt holt den Hai-Horror-Klassiker schlechthin auf die Gerichtsbühne: "Der weiße Hai" von Steven Spielberg, auf den sich nahezu alle folgenden Hai-Filme berufen – auch und gerade "Im Wasser der Seine". In "Der weiße Hai" terrorisiert ein mordlüsterner Hai einen Badeort in den USA, und das mitten in der Feriensaison. Die Verantwortlichen stehen vor der schwierigen Entscheidung, den Strand zu sperren. Ein Polizist muss zwischen den wirtschaftlichen Interessen von Hoteliers und der Sicherheit der Badegäste abwägen.
Übermüdeter Regisseur tritt vor Gericht auf
Wen, so der Anwalt, würde es wundern, wenn in einem anderen Hai-Film ein Polizist die Hauptrolle spiele? Oder es eine spannende Eröffnungsszene gebe, in der Menschen von einem Hai gefressen werden? Beides sind Elemente von "Der weiße Hai" und "Im Wasser der Seine" sowie der nicht verfilmten Version von Dietschy.
Der Netflix-Anwalt legt eine neue Tabelle vor, die Ähnlichkeiten zwischen "Der weiße Hai", "Im Wasser der Seine" und "Silure" auflistet. Ein, seiner Meinung nach, wenig produktiver Vergleich, den er mit dem Kommentar beendet: "Wir haben in dieser Geschichte noch nichts von Steven Spielberg gehört."
Während der Verhandlung kam auch der Kläger selbst zu Wort, der Regisseur Dietschy. Er entschuldigt sich für seinen wohl etwas fahrigen Auftritt. Er habe die ganze Nacht nicht geschlafen und sei "nicht ganz klar." Für einen bemerkenswerten Satz bringt er am Ende des ersten Tages aber noch Kraft auf: "Die Großen vernichten die Schwachen."
Das Urteil des Gerichts soll am 3. Juli gefällt werden.
Mit dem Film "Lola rennt" wurde Franka Potente auf einen Schlag international bekannt und feierte ihren großen Durchbruch. 1998 wurde der Thriller von Tom Tykwer veröffentlicht. Der Erfolgsregisseur ist auch für "Das Parfum – Die Geschichte eines Mörders" oder "Babylon Berlin" bekannt.