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Kritik zu "Wicked 2": Fantasy-Fortsetzung ist besser als Teil 1

"Wicked 2" bringt die Freundschaft zwischen Elphaba und Glinda auf einen Höhepunkt.
"Wicked 2" bringt die Freundschaft zwischen Elphaba und Glinda auf einen Höhepunkt.Bild: Universal Pictures / Giles Keyte
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"Wicked 2" ist besser als Teil 1: Viele Kritiken zum Fantasy-Film liegen daneben

Nach einem Jahr Wartezeit strömen Fans des ersten "Wicked"-Teils nun für die Fortsetzung in die Kinos. Die Meinung zum zweiten Film liegt allgemein deutlich unter dem Hype rund um den ersten – und das ist absolut ungerechtfertigt.
20.11.2025, 13:5020.11.2025, 13:55

Als kleines Kind wollte ich Musical-Darstellerin werden. Ich kann gar nicht zählen, wie viele Musicals ich schon live auf der Bühne gesehen habe – und "Wicked" bildet hier keine Ausnahme. Kein Wunder also, dass mein filmisches Highlight letztes Jahr definitiv der erste Teil von "Wicked" war.

Auch ich gehörte deshalb natürlich zu den Menschen, die nicht aufhören konnten, "Defying Gravity" zu singen oder die Haare à la Glinda hin und herzuschmeißen. Meine Erwartungen für den zweiten Teil waren dementsprechend sehr hoch, zumal ich die Bühnenversion kenne und wusste, welche von mir geliebten Songs mich erwarten würden.

Und während ich den ersten Teil wirklich geliebt habe und auf "Letterboxd" ganze fünf Sterne vergab, wusste ich spätestens nach der Hälfte von "Wicked: For Good", dass meine Erwartungen übertroffen wurden – und dass der zweite Teil sogar besser ist als sein Vorgänger.

"Wicked 2": Warum Kritiker den Film nicht mögen

Mit dieser Meinung vertrete ich tatsächlich nicht den Konsens, der sich bei den Kritiker:innen gebildet hat. Denn der Film konnte sich bisher nur eine mittelmäßige 60 bei "Metacritic" holen. Bei "Rotten Tomatoes" gibt es immerhin 71 Prozent, während es allerdings für den ersten Teil hier 88 Prozent gab.

Die meisten negativen Meinungen zu "Wicked 2" beziehen sich auf die Struktur des Films. Die Handlung ähnele einer "Checkliste" oder einer "leblose[n] Pflichtübung".

Andere gehen darauf ein, dass auch der zweite Akt in der Bühnenversion von "Wicked" schlechter ist als der erste – und es demnach nicht einmal eine Überraschung ist, dass der Film nur "good" und nicht "great" ist.

Warum brauchen Musical-Verfilmungen neue Songs?!

Was ich bei den ersten Kritiken gar nicht gefunden habe, sind negative Meinungen zu den neu hinzugefügten Songs, die exklusiv für "Wicked 2" geschrieben wurden und somit nicht in der Musical-Adaption zu finden sind.

Denn diese sind mein einziger Negativpunkt an der "Wicked"-Fortsetzung. Mittlerweile ist es eine Modeerscheinung, für Musical-Verfilmungen neue Songs zu schreiben – warum auch immer. Ich habe es damals bei der "Les Misérables"-Version mit Hugh Jackman in der Hauptrolle nicht verstanden, ich verstehe es auch heute bei "Wicked 2" nicht.

Das Musical "Wicked" hat ganze 38 (!) Songs. Meiner Meinung nach reichen die, um zwei Filme komplett zu befüllen. Klar, Cynthia Erivo und Ariana Grande wollen auch ihre Momente haben – aber dafür gibt es doch Songs wie "Defying Gravity" oder "Popular".

"Wicked 2" ist besser als Teil 1 – und das liegt nicht an der Länge

Vielleicht spricht auch hier zu sehr die Musical-Liebhaberin aus mir, die die Bühnenversion von "Wicked" liebt und mit Veränderungen nicht klarkommt.

Doch trotz der neuen Songs und trotz des Fakts, dass ich den Kritiken zustimme, die sagen, dass der zweite Bühnen-Akt von "Wicked" schlechter ist als der erste, kann ich mit einer hundertprozentigen Überzeugung sagen, dass "Wicked 2" seinen Vorgänger noch übertroffen hat.

Das liegt tatsächlich nicht (nur) daran, dass der zweite Teil um eine halbe Stunde kürzer ist und mit einer Laufzeit von zwei Stunden und 17 Minuten eine viel angenehmere Länge hat als Teil eins (zwei Stunden und 40 Minuten).

Stattdessen liebe ich den zweiten Teil vor allem wegen eines Merkmals, das von vielen Kritiker:innen als negativ angekreidet wird.

"Wicked 2" hat eine Tiefe, die Teil 1 gefehlt hat

"Wicked 2" ist viel düsterer und ernster. Wir erinnern uns: Der erste Teil von "Wicked" endete damit, dass Elphaba (Cynthia Erivo) als 'böse Hexe' vor ganz Oz angeprangert wurde, nachdem diese herausgefunden hatte, dass der Zauberer von Oz (Jeff Goldblum) gar nicht zaubern kann. Elphabas beste Freundin, Glinda (Ariana Grande), blieb als 'gute Hexe' zurück.

Selbst Leuten, die die Handlung des Musicals nicht kennen, wird sicherlich klar sein, dass im zweiten Teil nicht alles 'Friede, Freude, Eierkuchen' sein wird. Der erste Film war bunt, fröhlich und konnte mit catchy Songs locken. Und während die Handlung natürlich tiefgründig war, geht es erst im zweiten Teil so richtig in die Dunkelheit der Geschichte.

Wer ein Juke-Box-Musical à la "Mamma Mia" erwartet, wird den zweiten Teil von "Wicked" nicht mögen. Doch mich begeistert gerade diese Tiefe.

Die dunklen Momente, die Transformation von Elphaba in eine selbstbestimmte Frau, die weiß, was sie will, und auch die Metamorphose von Glinda, die endlich über den Tellerrand und ihre Beliebtheit hinausschaut... all das sorgt für eine vielschichtige Fortsetzung, die meine Erwartungen weit übertroffen hat.

Auch Ariana Grande hat sich in "Wicked 2" übertroffen

Ich bin eigentlich kein Fan davon, Popstars in Musical-Filmen für die Hauptrollen zu casten. Hiermit möchte ich aber Ariana Grande offiziell aus dieser Regel ausschließen.

This image released by Universal Pictures shows Ariana Grande in a scene from "Wicked for Good.." (Universal Pictures via AP)
Ariana Grande überzeugt in "Wicked 2".Bild: Universal Pictures

Denn noch nicht mal die Broadway-erfahrene Cynthia Erivo konnte mich so sehr berühren wie Ariana Grande es getan hat. Die Zerbrechlichkeit und die innere Zerrissenheit, mit der sie Glinda spielt und singt, berührte mich so extrem, dass mein Cry-Counter am Ende des Films bei einer satten acht lag.

Während Fans Glinda im ersten Teil als bubbly, oftmals unwissend-arrogant und sehr verwöhnt zu sehen bekamen, gibt Ariana Grande dem Charakter in "Wicked 2" eine unheimlich komplexe Persönlichkeit – von ihrer wunderschönen Stimme, die gefühlt alles singen kann, mal ganz abgesehen.

"Wicked 2", oder: Wie schön kann man eine Freundschaft darstellen?

Und dann gibt es da noch den titelgebenden Song "For Good". Wer die Möglichkeit hat, mit seiner besten Freundin oder seinem besten Freund ins Kino zu gehen, sollte dies unbedingt tun – allein wegen dieser Szene.

Denn die Freundschaft zwischen Glinda und Elphaba findet in diesem Song und dieser Szene einen emotionalen und sehr berührenden Höhepunkt, der dafür gesorgt hat, dass nicht nur bei mir im Kino bei den Worten "Because I knew you / I have been changed / For Good" die Tränen flossen.

Cynthia Erivo und Ariana Grande haben die Darstellung der Beziehung und der Freundschaft zwischen den beiden Hexen zur Perfektion geführt und zu einem musikalischen Höhepunkt.

"Wicked 2" verdient genauso viel Lob wie der erste Teil

Natürlich darf auch der momentan Sexiest Man Alive nicht unerwähnt bleiben. Ja, im ersten Teil von "Wicked" hat man Jonathan Bailey häufiger vor der Linse gehabt. Doch im zweiten Teil gibt es dafür eine Szene nach dem Song "As Long As You're Mine", die seine schmerzliche Abwesenheit im zweiten Teil etwas vergessen lässt.

Auch die düstere Atmosphäre kommt auf der großen Leinwand noch besser rüber als auf der einschränkenden Bühne. Regisseur Jon M. Chu kreiert nicht nur ästhetische, sondern auch extrem kontrastreiche Bilder, die einem im Kopf bleiben.

Also: Lasst euch nicht von negativen Kritiken abschrecken. Meiner Meinung nach verdient "Wicked 2" genauso viele Lobeshymnen wie der erste Teil – wenn nicht sogar noch mehr.

"Wicked: For Good" ist seit dem 19. November in den deutschen Kinos zu sehen. Viele Lichtspielhäuser zeigen zu diesem besonderen Anlass am Wochenende auch eine Doppel-Vorstellung von Teil eins und zwei.

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