Für viele Deutsche waren es traurige Nachrichten: Der Osterurlaub muss auch dieses Jahr ausfallen, die deutschen Hotels bleiben für den Tourismus geschlossen – so wurde es am Montag auf der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen. Mehr als nur traurig ist das für die Betreiber des Hotelgewerbes. Für sie geht es um die Existenz. Ostern ist ihr Hauptgeschäft im Frühling und ein Wegbrechen dessen, besonders nach einem Krisenjahr wie 2020, auch mit November- und Dezemberhilfen nicht mehr aufzufangen.
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) gibt an, dass 70 Prozent der deutschen Betriebe inzwischen um ihre Existenz bangen und fordern schnelle finanzielle Entschädigungen für die Schließungen. "Nach den gestrigen Beschlüssen wachsen im Gastgewerbe Verzweiflung und Zukunftsängste", erklärte Guido Zöllick, der Verbands-Präsident am Dienstag. "Die Betriebe stehen mit dem Rücken zur Wand. Viele wissen nicht, wovon sie die März-Gehälter bezahlen sollen."
Noch drastischer drückt es Karsten Werner, selbst Hotel-Betreiber, gegenüber watson aus: "Mittlerweile wäre es nur noch zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre! Die, die die besten Hygiene-Konzepte haben, müssen weiter leiden, damit andere aufhaben", sagt er. "So werden politisch ausgesuchte Branchen und Existenzen vernichtet."
Er ist geschäftsführender Gesellschafter beim StrandGut Resort in St. Peter-Ording. Der Küstenort an der Nordsee ist ein beliebtes deutsches Touristenziel für junge Familien und Kitesurfer. Doch seit Monaten herrscht in seinem 98 Zimmer und Suiten umfassenden Hotel gähnende Leere. Was ihn besonders ärgert: Der Einzelhandel und sogar Baumärkte wurden in Schleswig-Holstein in der Zwischenzeit geöffnet, ganz zu schweigen von Industriebetrieben.
Für viele Hoteliers fühlen sich die Regierungsentscheidungen willkürlich an, besonders da zwar selbst im eigenen Bundesland Beherbergungsverbot gilt, Tourismus auf Mallorca aber erlaubt bleibt. "Wie kann man denn das Ausland öffnen und das eigene Land geschlossen halten?", fragt auch Hotelbetreiberin Verena Mau, die in Mecklenburg-Vorpommern das Rosendomizil leitet. Bei ihr waren die Zimmer zu Ostern schon zu 80 Prozent ausgebucht, nun muss sie allen Gästen absagen: "Traurigerweise sind wir diese Stornierungs-Wellen ja inzwischen schon gewöhnt", sagt sie im Gespräch mit watson.
Viele Gewerbetreibende fühlen sich, als ob sie die Fehlentscheidungen der Politik auffangen müssten, das wird auch aus den aktuellen Forderungen der Dehoga ersichtlich. Der Verband erwartet von der Regierung nun "eine maximale Kraftanstrengung, damit endlich ausreichend Impfstoff vorhanden ist" und betont: "Ein Dauerlockdown für das Gastgewerbe, damit die übrige Wirtschaft geöffnet bleiben kann, ist ein Sonderopfer. Die durch die staatlichen Versäumnisse entstandenen Schäden müssen schnell und umfassend erstattet werden."
Die Betriebe hätten Umbauten vorgenommen und sich an die geltenden Hygienekonzepte gehalten, seien "nachweislich keine Pandemietreiber", trotzdem müssen sie nun weiter ausharren. Der Dehoga unterstützt inzwischen mehrere Klagen gegen die Corona-Verordnung.
Die Wut auf die Politik ist auch bei Karsten Werner spürbar: "Weiß eine Frau Merkel eigentlich, was sie der Tourismusbranche antut, wenn sie heute verkündet, sie empfiehlt im ganzen Jahr nicht mehr zu reisen, obwohl sie selber erklärt, dass im Spätsommer alle geimpft sein können?", sagt er. "Da nimmt man das Leiden Tausender billigend in Kauf; ist ja auch leicht, wenn bei einem selbst das Gehalt monatlich kommt."
Es fehlt auch an praktikablen Lösungsansätzen. Die derzeit festgesetzten Regelungen seien eher holprig, wie Werner anhand der Tests erläutert: "Wir würden sofort tausende von Tests kaufen und unsere Gäste und unser Personal vor Ort testen, aber die typisch deutsche Bürokratie erlaubt uns zur Zeit noch nicht mal unsere Gäste selber zu testen. Stattdessen sollen sie zu öffentlichen Testzentren, die es entweder nicht gibt, oder die überlaufen sind." Hier müsse unbürokratischer, lebensnaher agiert werden.
"Wir brauchen jetzt eine klare Test- und Impfstrategie, einen Fahrplan, der uns erlaubt, ein vernünftiges Konzept für die Wiedereröffnung unserer Betriebe zu erstellen", bestätigt auch ein weiterer Hotelier, Christian Petersen, auf watson-Nachfrage. Er ist Geschäftsführer des Hotels Speicher am Ziegelsee in Schwerin, Mecklenburg-Vorpommern.
Seiner Meinung nach brauche die Branche neben mehr finanzieller Unterstützung vor allem Planungssicherheit: "Das ewige Hin und Her zermürbt genauso wie das Warten auf die nächste Ministerpräsidentenrunde", so Petersen.
Nun hoffen alle auf den 12. April, den nächsten Corona-Gipfel, um zu erfahren, wie es für sie dieses Jahr weitergehen soll. Spätestens dann müsse "die Politik liefern", schreibt der Dehoga. "Über 220.000 Unternehmerinnen und Unternehmer mit ihren 2,4 Millionen Mitarbeitern dürfen nicht im Stich gelassen werden."
Für Karsten Werner gibt es zumindest einen ersten Hoffnungsschimmer: Die Landesregierung von Schleswig-Holstein plant seine Region Nordfriesland als Modelregion ab dem 12. April vorsichtig zu öffnen. Das würde bedeuten, dass das StrandGut mit entsprechenden Test- und Hygiene-Konzepten auch wieder Touristen empfangen könnte. "Wir freuen uns", sagt er. "In Schleswig-Holstein, als großes, touristisches Bundesland werden wir zumindest noch beachtet."