Leben
Urlaub & Freizeit

Frankreich-Urlaub: Anwohner in Paris wehren sich gegen Tourismus-Andrang

People walk past souvenir shops and restaurants below Sacre Coeur of Montmartre Basilica, ahead of the 2024 Summer Olympics, Monday, July 22, 2024, in Paris, France. (AP Photo/Rebecca Blackwell)
Sacré-Cœur lockt jedes Jahr Millionen Tourist:innen an. Bild: AP / Rebecca Blackwell
Urlaub & Freizeit

Frankreich-Urlaub: Montmartre in Paris völlig überlaufen – Anwohner alarmiert

Das Viertel Montmartre ist eines der beliebtesten Reiseziele in Paris – und das bekommen die rund 27.000 Bewohner:innen täglich zu spüren. Jetzt regt sich Widerstand.
24.07.2025, 07:0924.07.2025, 07:09
Mehr «Leben»

Die touristische Anziehungskraft von Montmartre ist enorm: 2024 war die Kirche Sacré-Cœur mit 11 Millionen Besucher:innen die beliebteste Attraktion Frankreichs – noch vor dem Eiffelturm.

Laut der Agentur Choose Paris Region stieg die Zahl der ausländischen Tourist:innen in Paris innerhalb von zehn Jahren um 20 Prozent. 2024 kamen 22,6 Millionen in Frankreichs Hauptstadt. Und 2025 verspricht ein Rekordjahr zu werden.

Das Leben der Anwohner:innen in Montmartre verändert sich dadurch grundlegend. Der Pariser Immobilienmakler Brice Moyse sagt in einem Bericht der französischen Zeitung "Le Monde": "Ich habe noch nie so viele Touristen gesehen wie in den vergangenen Monaten."

Architekt und Anwohner Bertrand Monchecourt spricht von einer Kulisse: "Montmartre wird zur Bühne für Fotos im Schnellmodus."

A woman takes a selfie on a crowded street of Montmartre during a cold day in Paris, Saturday, Jan. 5, 2025. (AP Photo/Thomas Padilla)
Die engen und fotogenen Gassen von Montmartre sind ein beliebtes Fotomotiv.Bild: AP / Thomas Padilla

Montmartre: Anwohner fühlen sich wie im Disneyland

Béatrice Dunner, Vorsitzende der Vereinigung zur Verteidigung von Montmartre und des 18. Arrondissements, beschreibt ihren Alltag so:

"Vor dem Käseladen erklärt ein Guide zehn Minuten lang das Sortiment. Vor dem Metzger erzählt jemand vom Sonntagshähnchen – inklusive Kommentar zu meinem Einkauf. Wir Anwohner werden zu Figuren in einem Vergnügungspark."

An vielen Hausfassaden hängen inzwischen Banner wie: "Vergessene Bewohner!", "Lasst Montmartre leben!" oder "Hinter diesen Fassaden stecken Menschen!".

Ein neuer Streitpunkt ist die geplante Umwandlung von rund 20 Straßen in eine verkehrsberuhigte Zone. Die erlaubte Geschwindigkeit soll reduziert und Parkplätze sollen abgebaut werden. Wie überall in der Stadt, heißt es verteidigend aus dem Pariser Rathaus.

Für die Anwohner:innen bedeutet der Plan aber, dem Tourismus noch mehr Raum zu geben und den Alltag der Bewohner:innen weiter zu erschweren. Der Verein Vivre à Montmartre hat darum Klage eingereicht – und bereits über 8000 Unterschriften gesammelt.

Die Auswirkungen des Tourismus auf das Leben vor Ort sind massiv. Die Immobilienpreise in Montmartre haben sich binnen eines Jahrzehnts in Höhen zwischen 12.000 und 15.000 Euro pro Quadratmeter katapultiert. "Langzeitmieten gibt es hier kaum noch", sagt Brice Moyse, der auch der Händlervereinigung Lepic-Abbesses vorsteht.

Gleichzeitig boomt Airbnb: Zwischen 20 und 30 Prozent der Wohnungen im Viertel werden mittlerweile über die Plattform vermietet.

Transparenzhinweis

Dieser Artikel wurde von unserer Redaktion erstellt und überprüft. Dabei kamen auch KI-Tools zum Einsatz. Mehr Infos zu unserem Umgang mit KI gibt es hier. Fragen oder Hinweise gerne an redaktion@watson.de.

Mehr anzeigen

Montmartre im Wandel: Geschäfte und Straßen verändern sich

Auch das Geschäftsleben verändert sich spürbar. Wo früher Bäcker:innen, Friseur:innen oder Gemüseladen waren, gibt es heute vor allem Souvenirs und Eis. Anwalt und Abgeordneter Emile Meunier bringt es gegenüber "Le Monde" auf den Punkt: "Wenn solche Geschäfte verschwinden, stirbt das Viertelleben."

Einige Läden wie die Bäckerei Pain Pain haben sich angepasst – mit einem Fensterverkauf für Tourist:innen in Eile. Doch nicht alle profitieren. "Die meisten Touristinnen geben vor Ort kaum Geld aus, während es immer weniger Einheimische gibt", sagt Brice Moyse.

Die Betroffenen beklagen Nachlässigkeit und mangelnde Kontrollen der Behörden – zum Beispiel bei der Durchsetzung des Lautsprecherverbots für Reiseführer:innen. Oder bei der Vergabe von Gewerbemietverträgen.

"Wir müssen den Druck reduzieren, sonst steuern wir auf einen Kollaps zu", sagt Frédéric Hocquart, Tourismusbeauftragter der Stadt Paris.

Supermarkt: Brauereien warnen vor "ruinöser" Preisstrategie beim Bier
Bei vielen Wocheneinkäufen darf ein Kasten Bier nicht fehlen. Umso erfreulicher ist es, wenn man den im Angebot erwischt. Oder etwa doch nicht?
"Feierabend" ist eines dieser Wörter, um die uns andere Nationen beneiden. In keiner anderen Sprache gibt es eine verbale Option, das Gefühl von Freiheit nach verrichtetet Lohnarbeit greifbar zu machen.
Zur Story