Dass irgendwann einmal König Charles durch das Ökodorf Brodowin spazieren würde, hätte bis vor Kurzem wohl niemand für möglich gehalten. Aber genauso wird es an diesem Donnerstag kommen: Nach einem Besuch des Brandenburger Tors und einer Begrüßung am Schloss Bellevue wird der britische Monarch einen Abstecher nach Brandenburg machen. Mit einer besonderen Mission.
Erst im Januar war Post von der britischen Botschaft in Brandenburg eingetrudelt, wo höflich nachgefragt wurde, ob es möglich wäre, den König auf dem größten Demeter-Hof Deutschlands zu empfangen. Der 74 Jahre alte Monarch wolle sich über ökologische Landwirtschaft austauschen und über den Schutz von Feuchtgebieten informieren. Die Antwort kam prompt: Auf jeden Fall!
Mit dieser Ansage begannen die Vorbereitungen auf den königlichen Besuch: Die Bauarbeiten, die eigentlich auch jetzt noch laufen sollten, wurden beschleunigt – "damit der König nicht auf eine Baustelle kommt, sondern alles hübsch und ordentlich vorfindet", wie Franziska Rutscher, Sprecherin des Ökodorfs, im Gespräch mit watson erzählt.
Mit Erfolg: Der Anbau des Hofladens, wo die Mitarbeitenden gemeinsam mit dem royalen Besuch einen Tee trinken wollen, ist fertig gebaut und eingerichtet. Eigentlich würden hier vor allem Kaffee und Kaffeespezialitäten ausgeschenkt, erzählt Rutscher. Aber beim königlichen Besuch aus England soll es dann doch ganz klassisch Tee geben.
Alles soll stimmen.
Doch Charles soll nicht nur abwarten und Tee trinken, "er soll auch selbst Hand anlegen", wie Rutscher betont. Denn für den royalen Besuch haben sie sich eine ganz besondere Aktion überlegt: Gemeinsam werden sie die Meierei besuchen und mit Charles' Unterstützung Käse produzieren: "Er soll also tatsächlich Gerätschaften bedienen, die für diesen Produktionsschritt notwendig sind, um den Käse abzufüllen."
Dass bei den geplanten 150 Käselaiben ein König mit Hand angelegt hat, soll auf den ersten Blick erkenntlich sein. Deswegen werden die mit Charles Hilfe hergestellten Laibe mit einem Kronen-Emblem versehen. Rund acht Wochen nach seinem Besuch werden sie in den Handel gegeben. Einen britischen Touch habe der Käse auch dadurch, dass er mit Möhrensaft hergestellt – und dadurch eine orange Farbe erhält, wodurch er ein wenig an Cheddar erinnert.
Rutscher fügt hinzu:
Ansonsten handele es sich bei dem Bauernkäse um ein einfaches, aber dennoch hochwertiges Produkt, das trotz seiner Demeter-Qualität zu günstigen Preisen angeboten werde. "Der Königskäse wird aufgrund der besonderen Form, die wir extra haben anfertigen lassen, etwas teurer", sagt Rutscher auf Nachfrage von watson.
Bis in das Ökodorf Brodowin müssen Käse- und König-Fans aber nicht fahren, um den exklusiven Bauernkäse zu erwerben. Ein Lieferservice des Ökodorfs beliefere Privathaushalte, außerdem würden die auf dem Hof hergestellten Produkte auch in verschiedenen Bio-Fachhandel-Filialen vertrieben. "Alnatura bekommt diesen Königs-Käse zum Beispiel exklusiv", sagt Rutscher.
Dass Charles sich den größten Demeter-Hof Deutschlands für seinen Deutschlandbesuch auserkoren hat, ist eigentlich keine große Überraschung. Bereits seit 40 Jahren setzt er sich für die Bio-Landwirtschaft und Klimathemen ein, wofür immer wieder von der britischen Boulevardpresse belächelt wurde.
Doch davon ließ er sich nicht aufhalten: Bereits Mitte der 90er Jahre ließ er die königlichen Ländereien der "Duchy Home Farm" ökologisch bestellen und vermarktete die landwirtschaftlichen Erzeugnisse als "Duchy Originals", als herzogliche Originale.
Kurz nach dem Tod der Queen verbannte er außerdem ein umstrittenes Gericht vom Speiseplan der Royals: Stopfleber. Diese Änderung dürfte zumindest bei Herzogin Kate nicht allzu gut ankommen, einem Bericht von "The Sun" zufolge handelt es sich dabei nämlich um ihre Lieblingsspeise.
Dieses Engagement kommt beim Ökodorf gut an. Franziska Rutscher sagt gegenüber watson:
Neben dem Austausch über konkrete Maßnahmen hofft Rutscher darauf, die Aufmerksamkeit für den Bio-Landbau wieder zu erhöhen und dass der britische König diesen auch in Großbritannien vorantreiben wird. "Denn gerade in der letzten Zeit hat der Bio-Landbau in Anbetracht der vielen Krisen ein bisschen an Wichtigkeit verloren. Aber man darf das nicht vergessen, denn Themen wie der Klimawandel und der Artenschwund werden nicht von allein von der Tagesordnung verschwinden, wenn wir nicht etwas dagegen unternehmen."