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Erdgas-Import: Was genau sind LNG-Terminals und wie funktionieren sie?

Schiffe werden be- und entladen am Hafen von Brunsbüttel. Die unmittelbare Nachbarschaft ist als Standort für ein neues LNG-Terminal (Windräder stehen vor einem Kohlelager am Elbdeich am Hafen von Bru ...
Der Hafen von Brunsbüttel ist momentan als Standort für ein neues LNG-Terminal im Gespräch.Bild: dpa / Frank Molter
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Flüssiggas-Import als Notlösung: Was genau LNG-Terminals sind und was sie problematisch macht

09.03.2022, 15:4708.06.2022, 18:34
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Als Reaktion auf den Ukraine-Krieg und die Abhängigkeit von russischem Erdgas hat Bundeskanzler Olaf Scholz den schnellen Bau von zwei LNG-Terminals für Flüssigerdgas in Deutschland angekündigt. Als mögliche Standorte für ein LNG-Terminal nannte Scholz Brunsbüttel, Stade und Wilhelmshaven. Denn in Deutschland steht davon bisher noch keins. Insgesamt gibt es europaweit 36 solcher Terminals, über die Flüssigerdgas an Land gebracht wird. Damit verfügen die europäischen Terminals über eine Regasifizierungskapazität von 241 Milliarden Kubikmeter pro Jahr, auf die die EU-Mitgliedsstaaten jetzt mit dem Wegfall von russischem Gas setzen müssen.

Nach Angaben der Zukunft Gas GmbH, einer Initiative von Unternehmen der deutschen Gaswirtschaft, wür­de die jähr­liche Ka­pa­zi­tät eines Ter­mi­nals bis zu 12 Mrd. m3 be­tra­gen. Um die Ener­gie­ver­sor­gung Deutsch­lands wei­ter zu si­chern, wird der Bau von zwei An­la­gen für die Re­ga­si­fi­zie­rung von tief­ge­kühl­tem Erd­gas nicht aus­rei­chen. Die Verband fordert min­des­tens drei LNG-Ter­mi­nals in Deutsch­land, um un­ab­hän­gi­ger vom Pipe­line­gas zu wer­den.

Doch was genau sind LNG-Terminals, wie funktionieren sie und welche Folgen bringt ihr Einsatz mit sich? watson hat für euch dazu eine Übersicht zu den wichtigsten Fakten zusammengestellt.

Die Materie: Was ist LNG?

Mit LNG ("liquefied natural gas") ist Erdgas gemeint, das auf −162  Grad Celsius abgekühlt und dadurch verflüssigt wurde. Durch seinen flüssigen Zustand kann es in Druckbehältern, sogenannten LNG-Tanks, gespeichert werden und so vor allem mit Schiffen oder Lkws transportiert werden.

Beim Flüssigerdgas ist die Dichte bei Raumtemperatur und Normaldruck rund 600-mal höher als in gasförmiger Form. Deshalb müssen Flüssigerdgas-Behälter gut wärmegedämmt werden, da jede Zufuhr von Wärme sonst zur Verdampfung, also zur Abgabe gasförmigen Erdgases, und zu einem Anstieg des Drucks führt. Denn auch mit Wärmedämmung gibt ein LNG-Tank stetig eine gewisse Menge Erdgas ab: diese wird entweder direkt zum Antrieb der Schiffe verbraucht, die oft mit Gasturbinen betrieben werden und einen Teil des Gases verbrennen, oder muss durch Rückverflüssigung wieder dem Tank zugeführt werden.

Der Prozess: Was genau passiert an LNG-Terminals?

Ein LNG-Ter­mi­nal ist der lo­gis­tische Kno­ten­punkt für die Ent­- und Beladung von LNG-Tan­kern. Hier werden LNG-Tanks gelagert oder auf weitere Transportmittel umgeladen; vor allem besitzen sie aber Anlagen, die das Erdgas entweder in einen flüssigen oder gasförmigen Zustand umwandeln.

Schiffe fahren vor Lagertanks im LNG-Terminal in den Hafen von Rotterdam. Flüssigerdgas wird mit minus 162 Grad tiefgekühlt, flüssig per Schiff transportiert, angelandet, erwärmt, «regasifiziert» und  ...
LNG-Terminal im Hafen von Rotterdam.Bild: dpa / Federico Gambarini
  • Ausfuhrterminals:
    Der typische Transportweg von Erdgas beginnt an der Gasförderstelle, von der es unter hohem Druck in gasförmiger Form durch eine Pipeline zu einer speziellen Hafenanlage, einem LNG-Terminal, geleitet wird. Es trifft dort an Ausfuhrterminals ein. An Ausfuhrterminals befinden sich sogenannte Verflüssigungsanlagen, die das noch gasförmige Erdgas, das von Gasförderstätten hierher transportiert wurde, auf -162 Grad Celsius herunterkühlen und somit verflüssigen. Das Flüssigerdgas wird dann zum Export auf LNG-Tanker verladen und in andere Länder, zum Beispiel nach Europa, verschifft. Größere Ausfuhrterminals befinden sich vor allem in Ländern, die große Mengen an Erdgas exportieren können, wie Katar, Russland, Algerien, Australien und den USA. Eine Alternative zu diesem Ansatz ist, die Verflüssigung des Gases direkt an der Förderanlage vorzunehmen, zum Beispiel auf einem Spezialschiff nahe einer Gasförderplattform mitten im Ozean. Dies ist insbesondere für die Gasförderung in abgelegenen Regionen interessant, wo der Abtransport mit einer Pipeline schwer realisierbar ist.
  • Anlandeterminals:
    An Anlandeterminals befinden sich dagegen Anlagen zur Wiederverdampfung des Erdgases. Dafür wird das angelieferte flüssige Erdgas stark erhitzt, um es wieder vom flüssigen in einen gasförmigen Zustand zu bringen. Im gasförmigen Zustand kann es dann über Pipelines in das Gas-Netz eingespeist werden. In Deutschland werden beispielsweise jetzt vor allem diese Anlandeterminals benötigt, um die LNG-Importe ins deutsche Gasnetz einzuführen.

Was ist problematisch an LNG-Terminals?

Die Verflüssigung des Gases in einem LNG-Terminal verbraucht erhebliche Mengen von Energie – rund 10 bis 25 Prozent des Heizwerts des Erdgases gehen dabei allein für die Umwandlungen verloren. Dies liegt daran, dass das Gas für die Verflüssigung sehr tief abgekühlt werden muss, um ihm die Kondensationswärme zu entziehen. Die dafür nötigen Kältemaschinen werden dabei mit einem Teil des Gases betrieben, müssen aber meist zusätzlich mit elektrischer Energie aus dem Stromnetz unterstützt werden.

Hohes Risiko für Methanemissionen und Explosionsgefahr

Vor allem aber kann nie ganz verhindert werden, dass eine gewisse Menge Wärme von außen in die sehr kalten Tanks eindringt und damit stetig einen Teil des Gases verdampft. Dieses "Boil-off-Gas" muss dem Tank regelmäßig entnommen werden, da sonst der Druck so stark ansteigen würde, bis die Tankwandung versagt und es zur Explosion des Tanks kommt.

Das wird beispielsweise dann nötig, wenn ein Schiff mit LNG-Tanks im Hafen liegt und kaum Gas benötigt, beispielsweise während der Entladung. Dann kann das Gas über eine Leitung an die Hafenanlage abgegeben werden oder mithilfe einer Kältemaschine wieder rückverflüssigt werden. Wenn diese Möglichkeiten aber nicht umgesetzt werden können, muss das Erdgas abgefackelt werden. Beim Abblasen von unverbranntem Gas wird dann Methan in die Atmosphäre abgelassen, das bis zu 87-mal stärker auf die Atmosphäre einwirkt als CO2 und damit hochgradig klimaschädlich ist.

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