Am 8. März wird watson zur Frau. Und das 24 Stunden lang. Am Internationalen Frauentag werden wir ausnahmslos Frauen abbilden, thematisieren und porträtieren. Trump, Hoeneß oder Kollegah haben dann Pause. Und ja, das wird auch Zeit. Auch auf watson.de sind Frauen in der Regel unterrepräsentiert. Und das liegt nicht nur an der Welt, in der wir leben, sondern auch an uns. Aber wir wollen besser werden. Heute ist ein guter Tag, um dafür ein Zeichen zu setzen.
"Warum Frauen Männer mit Gitarre bevorzugen", "Du willst bei Frauen ankommen? Lern Gitarre!" oder "Die Gitarre als Mittel der Verführung" (für den Mann, um die Frau zu verführen – eh klar) – das sind nur drei der ersten Suchergebnisse, die aufploppen, wenn man die Wörter "Frau" und "Gitarre" googelt.
Für das Internet, ja einen Großteil der Menschheit, steht auch im Jahr 2019 fest: Männer spielen die Gitarre, Frauen schmachten sie dabei an. Ein Blick in die "Bestenlisten" der gängigen Musikmagazine zeigt ein ähnliches Bild:
"100 Greatest Guitarists" vom amerikanischen "Rolling Stone": 2 Frauen von 100, aka. 2 Prozent
"Greatest Guitarists Ever" vom "NME". 4 Frauen von 73, aka. 5,47 Prozent
"100 Greatest Guitarists of All Time" von "SPIN": 10 Frauen von 100, aka. 10 Prozent
Ein Bild, das gerade zu vernichtend ist, wenn wir bedenken, dass inzwischen die Hälfte der neuen Gitarrenspielerinnen Frauen sind. Das mag für den gitarrenmusikliebenden Mann eine harte Erkenntnis sein, ist aber durch eine Studie belegt – und die kommt vom Marktführer Fender.
Was genau haben die da untersucht?
Für die repräsentative Studie befragte Fender Käuferinnen und Käufer in Großbritannien und in den USA. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass 50 Prozent der Erstkäufer von Gitarren weiblich sind.
Fender selbst zeigte sich überrascht von diesem Ergebnis:
Fender-Chef Andy Mooney:
"Die Tatsache, dass 50 Prozent aller neuen Gitarrenkäufer in Großbritannien Frauen sind, hat das UK-Team sehr überrascht. Aber das ist identisch mit dem, was in Amerika passiert.“
Rolling stone (u.s)
Die Menschen und Männer bei Fender schoben das Ergebnis zunächst auf den "Taylor-Swift-Effekt" – wie wir alle wissen, die erste Frau auf dieser Welt, die eine Gitarre in der Hand hatte. Jemals ( – und das im Übrigen gar nicht mehr so häufig macht ...).
Also kramten sie weiter, immer weiter, bis ganz tief hinten in ihren Hirnwindungen und stellten fest: Es muss sich um ein LANGFRISTIGES und WELTWEITES "Phänomen" handeln. Schock! Schwerenot!
Aber. Moment! Haben die da nicht was vergessen?
Besser gesagt jemanden. GITARRENSPIELERINNEN wie:
Viv Albertine
Carrie Brwonstein
PJ Harvey
Joan Jett
St. Vincent
...
Diese Liste an popkulturell bedeuteten Musikerinnen ließe sich ewig so weiterführen. Hinzu kommt: Die Gitarre ist auch nicht tot – auch wenn es eher Rap und EDM sind, die gerade die Charts bestimmen – so wie es die (meist älteren, weißen) Männer in ihren Kritiken ach so gerne schreiben.
Was ist also das Problem?
Die Gitarre war lange Zeit, wie vieles in unserer patriarchalisch geprägten Welt, nicht nur einfach ein Musikinstrument. Gerade in der Rockmusik war sie ein Phallussymbol. Musiker in den Sechzigern hauchten dem Instrument animalische Kräfte ein, indem sie es inszenierten wie rallige Tiere in der Brunftzeit. Nie endende Soli als Imponiergehabe. Eine Präsentation ihres wahnsinnig großen Penis' auf der Bühne.
Ein beliebtes Gitarren-Modell damals: Die Fender Telecaster. Gespielt von Keith Richards oder Bruce Springsteen:
Ebenfalls beliebt war das Modell "Guck mal, mir wächst eine Gitarre aus der Hose":
Wie hier Slash mit einer Les Paul. Bild: imago/UPI Photo
Ein Gehabe, welches – größtenteils zumindest – inzwischen nur noch im Untergrund, nicht aber mehr im Mainstream und auf den großen Bühnen der Musikwelt spielt.
Doch warum ist das so?
Fender, Gibson und alle anderen Gitarren-Hersteller haben einen großen Teil zu diesem Männlichkeits-Gehabe an der Gitarre und damit auch an der öffentlichen Wahrnehmung (aka. Gitarren sind nur was für Männer) beigetragen. Denn: Die Gitarre und der Körper desjenigen, der sie spielt sind voneinander abhängig, bilden eine ergonomische Einheit. Doch erst 2016 ist Fender überhaupt auf die Idee gekommen, die Bedürfnisse des weiblichen Körpers nicht länger (größtenteils) zu ignorieren und ein Modell zu entwerfen, dass auch Frauen einfacher handhaben können.
Natürlich machte Fender das nicht einfach so. Nein. Eine fette Kampagne mit prominenten Werbegesichtern musste her. Solchen wie Warpaint oder Alicia Bognanno. Zusätzlich Frauen auf Instagram. Dort, wo vorher (fast) nur Bilder von Männern zu sehen waren, können wir nun auch (ein paar wenige) Frauen erspähen.
Ist jetzt alles gut? Nein!
Denn: Mit der Gitarre für die Frau und der Werbekampagne haben sie einfach nur ein bisschen die Wahrnehmung der Frau in der Öffentlichkeit verändert. Nämlich dahingehend, dass Frauen mit Gitarre überhaupt erst einmal in dieser Öffentlichkeit stattfinden können. Und das ist etwas, das bislang lediglich Männern vorbehalten war.
Die Stimme der Frauen in der Gitarren-Welt ist plötzlich da. Weil Männer sie ihnen gegeben haben – und genau das ist das Problem. Nicht, dass Frauen nicht Gitarre spielen können, wollen oder es gar nicht erst tun.
Weil Männer es zu selten tun. Wir geben Frauen an der Gitarre eine Stimme:
Spielt öffentlich Gitarre seit 2007: St. Vincent – "Los Ageless"
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