Präbiotische Limos liegen im Trend – aber Ernährungsexperten sind nicht überzeugt
Wer Ballaststoffe zu sich nehmen will, greift in der Regel zu pflanzlichen Produkten. Da wären Haferflocken, Vollkornbrot, Naturreis, Hülsenfrüchte oder Obst und Gemüse. Es gibt also eigentlich genügend Auswahl und trotzdem nehmen wir laut dem Bundeszentrum für Ernährung zu wenig davon zu uns.
Dabei sind Ballaststoffe entscheidend für eine gesunde Verdauung. Vielleicht ist auch das ein Grund, warum einige Getränkehersteller seit einiger Zeit mit präbiotischen Drinks werben.
Präbiotisch bedeutet, dass eine Substanz gezielt das Wachstum und die Aktivität nützlicher Darmbakterien fördert. Präbiotika sind also eine Art "Futter" für gute Mikroorganismen im Darm – und meist handelt es sich dabei um Ballaststoffe.
Erst im Oktober kündigte Gerolsteiner an, ein "funktionales" Mineralwasser auf den Markt zu bringen, das mit einer Extraportion Ballaststoffen daherkommt. Und auch Pepsi hat seit diesem Jahr eine präbiotische Cola im Angebot.
Präbiotische Limos werden immer beliebter
Besonders beliebt sind derzeit funktionale Limonaden. Die sind meist in bunte Dosen abgefüllt und werden als gesündere Variante herkömmlicher Softdrinks vermarktet. Marken wie Super Pop oder Olipop werben mit Limos, die extra wenig oder gar keinen Zucker enthalten, dafür aber wichtige Ballaststoffe.
Auf Instagram behauptet der Hersteller Super Pop etwa, dass in einer seiner Limonaden sechs Gramm Ballaststoffe enthalten seien – angeblich genauso viel wie in 300 Gramm Brokkoli. Wie diese Zahl zustande kommt, geht aus dem Social-Media-Post nicht hervor.
Laut AOK enthalten 100 Gramm Brokkoli eigentlich drei Gramm Ballaststoffe. Abgesehen davon, dass das Gemüse eine Vielzahl an zusätzlichen Vitaminen und Mineralstoffen enthält, würde man bei 300 Gramm also doch mehr Ballaststoffe zu sich nehmen als mit einer "funktionalen" Limonade von Super Pop.
Am gesundheitlichen Nutzen der Getränke können durchaus Zweifel aufkommen. Doch Super Pop konnte ein prominentes Werbegesicht für sich gewinnen: Pamela Reif. Der Influencerin und Unternehmerin folgen auf Instagram über 8,9 Millionen Menschen.
Denen hat sie bereits im August von den Softdrinks ohne Zucker und mit Ballaststoffen vorgeschwärmt. Ebenfalls seien "postbiotischen Bakterienkulturen" enthalten, die die bewusste Ernährung "ganz alltagstauglich" unterstützen würden.
"Und das Beste: So gesund schmeckt es gar nicht", sagt Reif, die die Limo nach eigenen Angaben mitentwickelt und in das Produkt investiert hat.
Auf den ersten Blick klingt das natürlich vielversprechend: Ein prickelnder Softdrink, den man trinken kann, wenn man mal kein Bock auf Gemüse hat. Doch ganz so einfach ist es dann doch nicht.
Expertin stellt Zweck funktionaler Limos infrage
"Die Limonaden werben mit den enthaltenen Prä- und Probiotika. Sie machen allerdings keine Angaben zur Art der Bakterien", erklärt die Ernährungsexpertin Aline Birgelen gegenüber dem Online-Portal "20 Minuten".
Bei manchen Produkten sei lediglich von zwei Milliarden Bakterien die Rede. Und das überzeugt die Expertin so gar nicht: "Eine Dose mit zwei Milliarden Bakterien klingt nach viel – aber unser Darm enthält zwischen 60 und 100 Billionen. Diese Menge verändert das Mikrobiom daher kaum".
Wer sich also durch die Softdrinks eine große Verbesserung seiner Darmgesundheit erhofft, dürfte enttäuscht werden. Auch der tägliche Bedarf von 30 Gramm Ballaststoffen lässt sich durch eine Dose nicht abdecken. Das ist zugegebenermaßen aber auch nicht der Anspruch der meisten Produkte.
Dennoch sieht die Expertin auch die Süßungsmittel kritisch, die einigen präbiotischen Limos beigemischt werden. Sucralose, Acesulfam K und Aspartam könnten sich beispielsweise negativ auf die Darmflora auswirken. Weniger bedenklich seien Stevia, Erythrit sowie Inulin.
Das Fazit von Birgelen dürfte viele nicht überraschen: "Ballaststoffe sollten vor allem aus natürlichen Quellen wie Gemüse, Nüssen oder Vollkornprodukten stammen". Sie rät, zusätzlich fermentierte Nahrungsmittel wie Kimchi zu sich zu nehmen, um das Mikrobiom im Darm zu stärken.
