Ich spüre die mitleidigen Blicke, höre, wie mich die Gedanken der anderen laut anschreien: FREAK, und versuche das Getuschel souverän zu ignorieren.
Ich sitze alleine im Kino.
Und machen wir uns nichts vor: Menschen, die sich – außerhalb der eigenen vier Wände – einen Film alleine anschauen, werden von vielen anderen dafür verurteilt. Sie hätten keine Freunde und auch keinen Partner, der sie begleitet. Die Armen!
Für meine Bekannte Julia ist es eine schreckliche Erinnerung an ein Auslandsemester, Tina hat mir mal gestanden, dass sie zwar schon darüber nachgedacht hat es zu tun, sich aber einfach nicht traut und Sabrina findet, dass das nur sozial inkompetente Menschen ohne Freunde tun.
Ich kann an dieser Stelle versichern: Ich habe genügend Menschen in meinem Leben, die mich potenziell begleiten könnten. Manchmal schaue ich mir mit ihnen zusammen einen Kinofilm an.
Warum ist es der heilige Gral des 2018-er-Menschen, ein Wochenende lang das Bett nicht zu verlassen – es sei denn, der Pizzabote klingelt – und bei heruntergelassenen Rollläden einen Binge-Marathon auf Netflix einzulegen? Wohingegen Konsens darüber besteht, dass es befremdlich sei, alleine ins Kino zu gehen, um EINEN Film zu schauen.
Für alle Julias, Tinas und Sabrinas dieser Welt: Klären wir das ein für alle Mal! Niemand, der gerne alleine ins Kino geht, ist seltsam!
Ich schaue mir gerne eine Musik-Doku mit anschließender Diskussion an, oder den neuen Indie-Film. Mein Partner am liebsten Horrorfilme, an denen ich keinen Spaß habe, weil ich damit beschäftigt bin, mir Augen und Ohren zuzuhalten.
Ich liebe Kinderfilme. Meine Freunde warten sehnsüchtig auf die neueste Hollywood-Produktion.
Alleine ins Kino gehen bedeutet nämlich auch, dass ich ganz alleine entscheiden kann, wann ich wirklich Lust habe einen Film zu sehen.
Ob ich zehn Minuten vorher noch schnell beschließe in die Spätvorstellung im kleinen Kino die Straße runter zu gehen, oder den Sonntagnachmittag lieber im neuen Disney-Film, als auf der Couch verbringen möchte, ist egal.
Denn: Der einzige Mensch mit dem ich das absprechen muss, bin ich selbst. Ich muss nichts organisieren und kann mich völlig entspannt auf den Film freuen.
Der Kino-Besuch hat zu Unrecht einen Ausgeh-Status und einen damit einhergehenden gesellschaftlichen Gruppenzwang.
Sobald das Licht ausgeht, macht es ohnehin keinen Unterschied mehr, ob du alleine oder in Begleitung im Kinosessel sitzt. Denn: Das Filme gucken an sich ist keine soziale Sache.
Wenn du zu den Menschen gehörst, die zusammen mit Freunden auch mehr Freude am Kinobesuch haben, dann: Go for it.
Routinierte Kino-Rudelgänger haben dann immer noch ein Ass im Ärmel:
Dem entgegne ich: Nachdenken und eine Meinung bilden? Das kann ich auch alleine, zudem ist es nicht immer nötig.
Und sind wir mal ehrlich: Mit wem diskutiert ihr ausführlich über euren Netflix-Marathon oder das letzte Buch, das ihr gelesen habt?