Vegane Ernährung erfordert oft Zeit und ein paar kreative Ideen. Wem beides fehlt, gefällt vielleicht eine Online-Kochschule – unsere Autorin hat es ausprobiert.bild: getty images / jacoblund
Vegetarisch & vegan
"As vegan as possible" – die watson-Kolumne zu vegetarischem und veganem Leben
Zwei meiner Grundprobleme, weshalb ich regelmäßig an einer rein veganen Ernährung scheitere: Zeit und Inspiration. Gegen fehlende Ideen könnten theoretisch die zwölf veganen Kochbücher helfen, die ich besitze. Doch selbst hier kommt wieder die Zeit ins Spiel, weil mir diese oft fehlt, ein Rezept herauszusuchen, alle Zutaten aus meist unterschiedlichen Läden zu organisieren sowie das Rezept zuzubereiten. Natürlich finden sich unter den Hunderten von Rezepten auch schnelle, unkomplizierte Gerichte.
Veganer Kochkurs für neue Inspiration
Trotzdem hatte ich das Gefühl, ich bräuchte mal wieder völlig neuen Koch-Input. Ein Werbeflyer, der einer Buchbestellung beilag, brachte mich auf die Idee, mich mit veganen Online-Kochkursen zu beschäftigen. Inzwischen gibt es Plattformen, die nicht nur einzelne Kochkurse anbieten, sondern eine große Anzahl an Video-Kursen zur Verfügung stellen, die ich nach Bedarf abrufen kann.
"Ich stellte es mir ein bisschen wie beim Sport vor: Bei mir funktioniert es immer nur dann, wenn eine Trainerin vorne steht und mich anfeuert."
Bei meiner Recherche stoße ich auf zwei große Anbieter, die unterschiedliche Schwerpunkte setzen: Bei "Kurkuma at home" wähle ich aus 20 Online-Kochkursen mit über 400 Videos und Rezepten. Hier zahle ich jeden Kurs einzeln, kann jedoch die Videos anschließend ein Leben lang streamen. Der Preis eines Kurses, der mehrere Lektionen enthält, liegt bei 44,90 Euro.
Das Konzept von "Vegan Masterclass", mit 21 Masterclasses und insgesamt über 600 Video-Lektionen, basiert auf einer Monats- oder Jahresmitgliedschaft für jeweils 25 bzw. 199 Euro. Die Einzelkurse kosten 49 Euro, dann ebenfalls mit unbegrenztem Zugang.
Wofür entscheide ich mich, um das Online-Konzept zu testen? "Kurkuma at home" setzt verstärkt auf Länderküchen, darunter mexikanische, afrikanische, türkische oder orientalische Kochkurse. "Vegan Masterclass" bietet neben kulinarischen Richtungen auch Lektionen zu veganen Grundlagen, Kochtechniken und Fachwissen. Und lockt noch mit veganen Profi-Köchen wie Sebastian Copien oder Sophia Hoffmann.
Da ich mit letzterem Anbieter einen Monat lang Zugriff auf alle Kurse habe, entscheide ich mich für eine Monatsmitgliedschaft.
Natürlich brauchen auch Online-Kochkurse Zeit und die Zutaten werden auch nicht nach Hause geliefert. Aber ich stellte es mir ein bisschen wie beim Sport vor: Bei mir funktioniert es immer nur dann, wenn eine Trainerin vorne steht und mich anfeuert. Sowie, wenn ich monatlich Geld dafür zahle. Die Motivation kommt dann ganz automatisch.
Ich bin anfangs etwas überfordert, aber auch neugierig, denn sämtliche Unterkategorien der einzelnen Masterclasses klingen verlockend. Da ich jedoch, wie beschrieben, ein Zeit-Problem im Alltag habe, schnuppere ich zu Beginn in folgende drei Kochkurse hinein:
Quick und Easy
Superquick & supereasy, hoffe ich. Mit zwei kleinen Kindern, einem Job und einem Kreativ-Projekt bleibt momentan keine Zeit für eine ausgewogene, vegane Ernährung. Um zu vermeiden, in die schnelle Spiegelei-mit-Kartoffeln-und-Tiefkühl-Rahmspinat-Falle zu tappen, brauche ich dringend neuen Input.
"Als während des Videos zur Sauce das Wort 'einköcheln' fällt, rolle ich kurz mit den Augen, weil das schon wieder kompliziert klingt."
Die Masterclass startet mit einem Theorie-Teil. Darunter ein Video zu Schnitttechniken, um den größten Zeitfresser der veganen Küche, das Gemüse schnippeln, in den Griff zu bekommen. Zum Beispiel: eine kombinierte Hack- und Schneidebewegung, mit der sich eine Karotte hauchdünn und blitzschnell schneiden lässt. Jetzt müsste ich nur noch üben.
Über die Autorin
As vegan as possible – das beschreibt Theresa Schwab am besten. In ihrer Kolumne berichtet die freie Journalistin über positive Erkenntnisse, über Anstrengungen und darüber, warum es okay ist, manchmal im Alltag an einem nicht-tierischen Lebensstil zu scheitern.
Ich teste aus den Vorspeisen den angebratenen Spitzkohl mit Orangen-Joghurt-Sauce. Die Idee, Spitzkohl scharf anzubraten finde ich super, weil es schnell und einfach geht. Als zur Sauce während des Videos das Wort einköcheln fällt, rolle ich kurz mit den Augen, weil das schon wieder kompliziert klingt, zumindest in meiner Vorstellung.
Bei den Salaten spricht mich der Belugalinsen-Salat mit gegrillter Zucchini an. Trotzdem bleibe ich skeptisch, weil ich Linsen mit hohem Zeitaufwand verbinde, meist mit 30-40 Minuten kochen. Bei diesem Rezept werden die Linsen zwar lediglich zehn Minuten vorgekocht und angebraten, anschließend jedoch wieder – Achtung – eingekocht.
Hier habe ich mich eindeutig von der eingekürzten Video-Länge, die elf Minuten beträgt, verleiten lassen. Was ich schade finde: Dass auch im beigefügten Rezept keine realistische Zeitangabe steht, sodass ich mir vorher überlegen kann, ob dieses Gericht wirklich "quick" genug für meinen heutigen Tag ist.
To-Go
Ich bin immer auf dem Sprung. Von der Kindergarten-Abgabe schnell noch zum Kinderarzt-Termin. Vom Kinderarzt für zwei Stunden im Büro vorbeischauen. Nachmittags bei Playdates, Kinderhobbys oder auf dem Spielplatz. Und irgendwo zwischendurch muss mein Hunger gestillt werden, was nicht selten durch ein schnell geschmiertes Brot, eine eingesteckte Banane oder irgendwelche Riegel passiert, die ich beim Autofahren verspeise.
Im "To-Go"-Kurs lerne ich, wie Avocados auch unterwegs nicht oxidieren und braun werden: mit Zitronensaft beträufeln oder den Kern dazu packen.
"Sandwiches, die mit Aufstrichen, Gemüse und im besten Fall selbstgemachten Saucen garniert sind, sind ein super Tipp für zwischendurch, den ich viel häufiger befolgen sollte."
Bei den Rezepten sprechen mich spontan die Sommerrollen- und Sushi-Sandwich-Rezepte an, die Lunchboxen, die Sandwiches und Wraps sowie auch sämtliche Frühstücks-Varianten im Glas, die jedoch meist am Abend vorher zubereitet werden müssen. Eigentlich einfach, aber bei mir aktuell unmöglich, da ich mit dem Stillbaby früh im Bett verschwinde. Dabei wäre es wirklich easy: Die Zutaten wie Nussmus, Haferflocken und diverse Kerne, die man als Veganer meist sowieso im Haus hat, werden lediglich verrührt und über Nacht im Kühlschrank kalt gestellt.
Bei den Sushi-Gerichten sieht es schon anders aus. Sushi-Reis und Algenblätter müsste ich erst separat besorgen. Mehrmals gründlich waschen, quellen lassen, kochen, noch mal quellen lassen. Puh! Was mich zeitlich mehr begeistert? Der Mango-Bohnen-Salat mit Koriander, der sich in eine Lunchbox für unterwegs abfüllen lässt. Das marinierte Tempeh-Sandwich klingt ebenfalls sehr lecker, ist für mich jedoch aktuell zu zeitaufwändig, da Marinade zubereiten und anschließend den Tempeh mehrere Stunden marinieren, zu viel Zeit in Anspruch nimmt. Dennoch: Sandwiches, die mit Aufstrichen, Gemüse und Saucen garniert sind, sind ein super Tipp für zwischendurch, den ich viel häufiger befolgen sollte.
"So langsam verstehe ich, wieso diese Online-Kochschule das Wort Masterclass beinhaltet."
So langsam verstehe ich, wieso diese Online-Kochschule das Wort Masterclass beinhaltet. Die Rezepte und Zubereitungsarten sind eindeutig nicht auf Anfänger ausgelegt. Ich selbst beschäftige mich schon länger mit einer veganen Ernährungsweise und habe schon einige anspruchsvolle Gerichte ausprobiert, daher sind mir die meisten Zutaten und Begriffe bekannt.
Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass es Neulingen mit den meisten Kursen schwerfällt, einen schnellen Zugang zu finden. Auch mir fehlen ein paar deftige, unkomplizierte Varianten, die sich ohne fancy Zutaten schnell zubereiten lassen – und so die Motivation antreiben, öfters vorbeizuschauen.
Essentials Masterclass Volume 1-3
Gemüse schneiden, Tofu schmackhaft anbraten und die Verwendung von Pflanzenmilch sind Basics der veganen Küche. In diesem Grundlagen-Kurs lerne ich viel Essenzielles, das mir später beim pflanzlich basierten Kochen hilft. Wie schäle und schneide ich eine Zwiebel richtig? Wie bereite ich Tempeh dünn und knusprig zu – eines der leckersten und nährstoffreichsten Lebensmittel, wie ich erfahre? Ein echter "Eiweißkracher" mit 30 Prozent Protein. Und warum pflanzliche, selbstgemachte Sahne-Alternativen besser und gesünder sind als fertige Varianten aus dem Supermarkt – Rezepte inklusive.
Tempeh ist ein traditionelles Fermentationsprodukt aus Indonesien.Bild: imago
Für Vegan-Anfänger mag Tempeh möglicherweise noch ein Fremdwort sein. Ich selbst habe die fermentierten Sojabohnen inzwischen lieben gelernt, daher kommen diese Basics, die sich wohl eher als "Essentials für Fortgeschrittene" bezeichnen lassen, genau richtig.
Auch wenn ich einiges davon momentan nicht direkt nachkoche, sehe ich mir die kurzweiligen Videos an, weil sie spannende Informationen liefern. Ich klicke mich sehnsüchtig durch Rezept-Videos, die fast nie zehn Minuten überschreiten. Und wenn es besonders lecker klingt, speichere ich mir das dazugehörige PDF ab. Für irgendwann!
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