Aussterben oder Überleben? Verlierer und Gewinner im Tierreich 2018
27.12.2018, 18:2327.12.2018, 19:13
Mehr «Klima & Umwelt»
Der Mensch zerstört Lebensräume, vermüllt die Ozeane,
wildert und sorgt für die Erwärmung des Weltklimas: Fast 27.000
Tierarten stehen zum Ende dieses Jahres als bedroht auf der Roten
Liste, zehntausend mehr als noch vor rund zehn Jahren.
Die Rote Liste
Auf der Roten Liste gefährdeter Arten findet man alle bekannten Tiere und Pflanzen dieser Welt, die derzeit bedroht sind. Veröffentlicht wird sie von der Weltnaturschutzunion "International Union for Conservation of Nature and Natural Resources" (IUCN). In den vergangenen Jahren hat sich die Liste um etliche bedrohte Arten verlängert.
"Das ist neuer
Negativrekord und betrifft fast 30 Prozent aller untersuchten Arten",
erklärte die Umweltstiftung WWF am Donnerstag zum Erscheinen ihrer
neuen Liste der Gewinner und Verlierer im Tierreich 2018. Auch wenn
einige Arten am Rande des Aussterbens stehen, gibt es auch
Beispiele, die hoffen lassen. Eine Auswahl:
Nördliches Breitmaulnashorn
bild: imago
Der Tod von Sudan, dem letzten Männchen
seiner Unterart, sorgte im März international für Schlagzeilen und
Betroffenheit. Weltweit bleiben nun nur noch zwei Weibchen übrig, die
keinen Nachwuchs mehr bekommen können. Wissenschaftler haben aber das
Ziel, der Unterart zu einer Zukunft zu verhelfen: Eizellen der
Weibchen, eingefrorene Spermien und Leihmütter einer anderen
Nashorn-Unterart sollen es möglich machen. Bis das Nashornbaby aus
dem Labor Realität wird, heißt es für die Tiere aber: Verlierer.
Waldrapp
Bild: imago stock&people
Die nicht gerade ansehnlichen Vögel mit schwarzem Gefieder
und langem, gebogenen Schnabel galten früher als Delikatesse – Überjagung führte im 17. Jahrhundert zu ihrem Aussterben in
Mitteleuropa. Ein von der Europäischen Union unterstütztes Projekt
hat zum Ziel, den seltenen Zugvogel wieder anzusiedeln. Bis Ende 2019
sollen 120 Waldrappe zwischen nördlichem Alpenvorland und
Toskana ziehen. Mangels erwachsener Leittiere flogen erste Exemplare
mit menschlicher Navigationshilfe vom Bodensee ins Winterquartier
nach Italien – in Begleitung eines Leichtflugzeugs: Gewinner.
Tiger
Bild: imago stock&people
In Nepal geht es für die Großkatzen bergauf. Nachdem dort 2009
nur noch rund 120 Tiger lebten, seien es nun mehr als 230, teilte das
Umweltministerium des Landes nach sechsmonatiger Zählung in drei
Nationalparks mit. Nepal gehört zu 13 Staaten, die sich 2010 auf
Schutzzonen für die Großkatzen einigten. Ziel ist es, die Zahl der
wilden Tiger weltweit bis 2022 zu verdoppeln. Derzeit sind noch knapp
3900 übrig – von einst 100.000 Tigern in Asien. Nicht nicht nur
Wilderer bleiben ein Problem. Schaut man aber nur auf Nepal: Gewinner.
Hering
Bild: imago stock&people
Zwischen gefährdeten Exoten erwartet man Bewohner der
westlichen Ostsee wohl kaum. Doch der Heringsbestand ist dort mangels
Nachwuchs eingebrochen. Als Grund werden Veränderungen der Ostsee
durch den Klimawandel vermutet. Inzwischen ist die erlaubte Fangmenge
um knapp die Hälfte reduziert worden – mit der Vorgabe blieben die
EU-Fischereiminister aber hinter weiterreichenden Vorschlägen zurück.
Der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) hatte sich sogar
dafür ausgesprochen, die Heringsfischerei in der westlichen Ostsee
zunächst auszusetzen. Experten zweifeln, ob sich der Bestand nun
dennoch erholen kann: Verlierer.
Bienenfresser
Bild: imago stock&people
Sie sind so bunt, dass Laien sie für ausgebüxte
Käfigvögel halten dürften. Doch die aus den Tropen und Subtropen
stammenden Bienenfresser finden in Deutschland zunehmend Lebensräume.
Von 2000 Brutpaaren und verstärkter Zuwanderung aus dem
Mittelmeerraum spricht der WWF. Zu ihrer Beute zählen – anders als
der Name vermuten lässt – neben Bienen auch andere Insekten. Die
Präsenz der Vögel hierzulande geht laut der Umweltorganisation auf
die Klimaerwärmung zurück. Die Einstufung des WWF lautet daher:
"Gewinner aus den falschen Gründen"
Tüpfelbeutelmarder
bild: imago
Die nachtaktiven Einzelgänger mit dem gepunkteten
Fell hatten stets einen begrenzten Lebensraum in Australien. Seit sie
vor rund 50 Jahren auf dem Festland ausstarben – importierte Feinde
wie Füchse und vermutlich eine Krankheit hatten ihren Anteil –, gab
es sie nur noch in Tasmanien. In einem Zucht- und Rückkehr-Projekt,
an dem unter anderem der WWF beteiligt ist, wurden 2018
Tüpfelbeutelmarder in einen australischen Nationalpark umgesiedelt.
Ob es gelingt, dort wieder eine Population aufzubauen? Der erste
Nachwuchs bei den Tieren, die ein wenig an eine Mischung aus Maus und
kleiner Katze erinnern, kam in diesem Sommer zur Welt: Gewinner.
Amazonas-Flussdelfin
bild: imago
Flussdelfine haben es in mehreren Weltregionen
sehr schwer. Im Fall des Amazonas zeigten sich Naturschützer schon
länger überzeugt, dass die Tiere seltener geworden seien,
verlässliche Daten fehlten jedoch. "Mit der Roten Liste 2018 herrscht
Gewissheit: Die Delfine gelten nun offiziell als stark gefährdet",
urteilt der WWF. Gründe gibt es dafür verschiedene: unter anderem
Fischerei, Umweltgifte und Regenwaldzerstörung. Das macht die Delfine zum: Verlierer.