Die 2000er waren das goldene Zeitalter des Reality TV. Egal, zu welcher Tageszeit man sich durch die Sender zappte: Irgendwo lief immer eine Show, die uns eine vermeintlich ungeskriptete Realität vorheuchelte.
In vielen Fällen war allerdings doch ein Drehbuchautor für die absurden Dialoge und Storylines verantwortlich – aber wen kümmerte es schon? Für glaubwürdige Inhalte hatten wir schließlich "echte" Reality-Sendungen wie "MTV Cribs".
Aber, Leute, "MTV Cribs" war eine große Lüge.
Ihr erinnert euch: MTV zeigte uns ab 2000 in 30- bis (im Fall von Mariah Carey) 60-minütigen Episoden von "MTV Cribs" die luxuriösen Häuser der Stars und Sternchen. Als Zuschauer empfanden wir dabei vor allem Faszination und Neid. Völliger Quatsch, stellt sich heraus – denn manche Stars, die uns da durch die protzigsten Villen führten, waren vermutlich selbst neidisch: Es waren nicht ihre Häuser.
Die Betonung liegt hier auf "manche Stars", denn einige der Promis gewährten den Kameras tatsächlich Einblicke in ihr Zuhause – und so protzig die Mariah-Carey-Episode beispielsweise auch war, traut man ihr dieses üppige Penthouse durchaus zu. Andere Stars hingegen wollten zwar in "Cribs" auftreten, offenbar jedoch, ohne ihre eigene Bude zu zeigen.
Ein Dilemma, das sich mithilfe eines kurzzeitigen Mietvertrags (oder eines netten Onkels...) schnell lösen ließ. Schade nur, dass das nicht geheim blieb – und wir im Fall einiger Episoden genau wissen, dass uns die Stars darin durch ein Haus führten, das sie teilweise selbst noch nie betreten hatten.
Der Rapper präsentierte in seiner "Cribs"-Folge in Miami wohl eines der mitunter spektakulärsten Anwesen – das er allerdings speziell für die Dreharbeiten und eine fette Party mit 600 Gästen nur für das Wochenende gemietet hatte. Das kostete ihn im Nachhinein zusätzlich ordentlich Kohle, da die Vermieterin 1) weder von den "Cribs"-Dreharbeiten 2) noch von der Party gewusst hatte. Die dafür sorgte, dass die Villa danach aussah wie ein Schlachtfeld, was Ja Rule eine Klage über eine Million Dollar einbrachte. Ups.
Ja Rule äußerte sich im Nachhinein dazu: "Ich habe nie gesagt, das Haus sei meins. Wenn man sich die Folge ansieht, hört man mich deutlich erwähnen, dass ich das Haus gemietet habe... und das ist 13 Jahre her, lol..." – Oookay, aber sollte es nicht darum gehen, das echte Zuhause eines Stars zu sehen...?
JoJo war erst 13 Jahre alt, als sie mit "Leave (Get Out)" weltweit bekannt wurde – was MTV nicht davon abhielt, dem Mädchen einen Besuch abstatten zu wollen. Das Problem dabei: JoJo und ihre Mutter lebten zu diesem Zeitpunkt aufgrund von Tour-Stress in immer wechselnden Hotels. Die spontane Lösung: JoJo präsentierte 2004 bei "Cribs" das Haus ihres Onkels und gab es als ihres aus.
Wer diese kurze Episode der Rapper D-Roc und Kaine 2004 im Fernsehen sah, wird sich damals vielleicht schon gedacht haben, dass da irgendwas nicht stimmt und die Inneneinrichtung des von ihnen präsentierten Hauses nicht so ganz zum Rapper-Image passt. Tatsächlich gehörte das etwas, äh, altbacken maritim dekorierte Haus sehr wahrscheinlich nicht den Ying Yang Twins – und leider gaben sich die beiden auch nicht besonders viel Mühe, es als ihres auszugeben, sondern kommentierten scheinbar wahllos Gegenstände im Raum. Aber hört es euch am besten im Video selbst an.
Robbie Williams' erster (!) Auftritt in "Cribs" ließ uns vermuten, er führe das luxuriöseste Leben, das man sich vorstellen könnte – in einer riesigen Villa voller Butler, die ihm jeden Wunsch von den Lippen ablasen. Es stellte sich heraus, dass Robbie das Haus allerdings von der Schauspielerin Jane Seymour gemietet und die Butler angeheuert hatte. Später drehte er dann eine weitere Folge – diesmal in seinem echten Haus.
Zwar wurde hier nicht beim Haus geschummelt, aber die Rapper 50 Cent und Bow Wow sahen sich scheinbar dazu gezwungen, ihrem pompösen Leben noch ein bisschen mehr Protz zu verleihen: Sie mieteten für die "Cribs"-Dreharbeiten drei Ferraris (50 Cent), einen Bentley, einen Cadillac und einen Lamborghini (Bow Wow). Schade, dass in Bow Wows Episode zu erkennen war, dass die Autos mit den Schildern einer Luxusautovermietung versehen waren. 50 Cent war schon schwerer zu enttarnen – erst ein Post in einem Ferrari-Forum entlarvte ihn, in dem ein Experte klarstellte, dass die Autos eigentlich einem Sammler gehörten.
Dessen "Cribs"-Folge sorgte für allgemeines Entsetzen, da ein Star wie er doch unmöglich in so einem chaotischen, runtergekommenen Mini-Haus wohnen konnte, in dem die Türklingel nur funktionierte, wenn man zwei Kabel aneinanderdrückte und in dem ein Cousin auf dem Wohnzimmerboden schlief. Redman selbst stellte aber später in einem Interview (unten) klar, dass er zwar vom Kamerateam zu einem früheren Termin als vereinbart überrascht worden war, aber darauf bestanden hatte, den Zuschauern ein echtes Bild von seinem Zuhause zu zeigen – obwohl MTV darauf beharrt hatte, er solle sich für die Dreharbeiten eine edlere Unterkunft mieten. Tat er nicht – und wohnt bis heute in dem kleinen Haus in Staten Island, New York.