Am Freitagabend treffen in der Bundesliga der VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt aufeinander. Ein Duell zweier Teams, wie sie aktuell unterschiedlicher nicht sein könnten. Das Eröffnungsspiel des zehnten Spieltags wird ein Spiel der Gegensätze.
Der VfB Stuttgart ging mit vielen Vorschusslorbeeren in die Saison. Die Rückrunde der vergangenen Saison unter Trainer Tayfun Korkut war überragend, die Schwaben waren in der zweiten Saisonhälfte die zweitbeste Mannschaft hinter Meister Bayern München.
Im Sommer verstärkten sich die Stuttgarter dann für knapp über 30 Millionen Euro, erhöhten – zumindest auf dem Papier – die Qualität des Kaders, starteten sie als Europapokal-Anwärter in die Saison.
Jetzt steht der VfB mit fünf Punkten und nur einem Sieg zusammen mit Aufsteiger Düsseldorf auf dem letzten Tabellenplatz. Tayfun Korkut ist bereits entlassen worden, Markus Weinzierl übernahm, hat aber noch kein Spiel gewonnen.
Die Prognose von Sportvorstand Michael Reschke, seine Mannschaft werde in dieser Saison nichts mit dem Abstieg zu tun haben, klingt rückblickend überheblich und selbstgerecht.
Bei Eintracht Frankfurt läuft's umgekehrt. Mit Boateng, Wolf, Hrádecký und Mascarell verabschiedeten sich nach dem DFB-Pokalsieg vier Leistungsträger und auch der Vater des Erfolgs, Trainer Niko Kovač, verließ die Eintracht und wurde neuer Coach bei Bayern München.
Dann folgte ein 0:5-Debakel im Superpokal-Finale gegen die Bayern und ein Erstrundenaus im Pokal gegen Regionalligist SSV Ulm.
Neuer Trainer, neue Spieler und dann noch die Doppelbelastung Bundesliga und Europa League – viele Experten handelten die Eintracht prompt als Abstiegskandidat, sagten, dass Hütter nicht der richtige sei.
Und jetzt? Die SGE ist Tabellensiebter, in der Europa League gut dabei und Hütter noch Trainer.
Nehmen wir die aktuelle Formkurve der beiden Teams doch mal genauer unter die Lupe: Eintracht Frankfurt kommt mit viel Selbstvertrauen nach Stuttgart. Der schwache Saisonstart ist längst vergessen, die Eintracht hat zuletzt sechs Spiele nicht verloren. In der Formtabelle der vergangenen sechs Partien ist Frankfurt Vierter. Bei einem Sieg übernachten die Frankfurter sogar auf einem Champions-League-Platz.
Der VfB dagegen hat nur ein Spiel der vergangenen sechs gewonnen. Die Folge: Formtabellenplatz 15. Unter dem neuen Trainer Markus Weinzierl lautet die Ausbeute aus zwei Spielen: 0 Punkte, 0:8 Tore.
Womit wir beim nächsten Gegensatz wären. Frankfurts Prunkstück ist die Offensive. Luka Jović (7), Sébastien Haller (6) und Ante Rebić (3) kommen zusammen auf 16 Tore – zehn mehr, als alle Spieler des VfB Stuttgart zusammen.
Insgesamt hat Frankfurt schon 20 Tore geschossen. Das ist nach Dortmund (23) der beste Wert der Liga. Torverhältnis: +7.
Bei den Schwaben ist Ex-Nationalspieler Mario Gómez mit drei Toren der erfolgreichste Schütze im Team. Damit schoss er die Hälfte aller bisherigen Stuttgart-Tore in dieser Saison.
Kleiner Trost für VfB-Fans: Gegen kein Team der Liga erzielte Stuttgart mehr Tore (173) als gegen Frankfurt. Der Haken: Das gilt umgekehrt auch (154).
Die lahme VfB-Offensive bekommt gegen Frankfurt nicht mal neuen Schwung: Der im Sommer aus Wolfsburg zurückgekehrte Daniel Didavi fehlt ebenso wie Anastasios Donis.
Und auch in der Abwehr ist die Personalnot groß: Defensiv ist Dennis Aogo als Linksverteidiger die erste Wahl für den gesperrten Emiliano Insúa. Getestet wurde aber auch David Grözinger (19) aus der zweiten Mannschaft. Innenverteidiger Marc Oliver Kempf ist immerhin wieder im Mannschaftstraining, er könnte im Kader stehen.
Die Hessen hingegen können beim Gastspiel in Stuttgart aus dem Vollen Schöpfen. "Wir sind in voller Besetzung", verkündete Eintracht-Trainer Adi Hütter am Donnerstag. Im 93. Duell mit den Schwaben muss er lediglich Langzeitverletzte wie Timothy Chandler und Carlos Salcedo.
Lediglich Stammspieler Lucas Torró fällt aus. Hütters größtes Problem wir die Entscheidung sein, welchen seiner erfolgreichen Stürmer er auf der Bank lässt...
Die Kritik von Fußball-Weltmeister Guido Buchwald an Stuttgarts Sportvorstand Michael Reschke hat beim VfB jüngst für Unruhe gesorgt. "Einige Entscheidungen waren sicher unglücklich. Die Länge der Vertragsverlängerung mit Holger Badstuber war fragwürdig, die vorzeitige Verlängerung des Kontrakts mit Korkut zu diesem Zeitpunkt unnötig", sagte Buchwald in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview bei "Sport1".
"Dieser Vorgang wird Gegenstand der nächsten Aufsichtsratssitzung Anfang Dezember sein", kündigte Präsident Wolfgang Dietrich in "Stuttgarter Zeitung" und "Stuttgarter Nachrichten" an.
Aus Frankfurt sind solche Sätze aktuell nicht zu hören. Dort herrscht wegen der aktuellen Erfolge Euphorie und gute Laune. Der Plan, den Sportvorstand Fredi Bobic und -direktor Bruno Hübner mit dem neuen Trainer und den Transfers verfolgt haben, funktioniert. Vor der Eintracht, sagt auch der überraschte Eurosport-Experte Matthias Sammer, muss man sich deshalb "fast verneigen".
Einen Hoffnungsschimmer gibt's aber für Stuttgart und Trainer Weinzierl: Die Gesamtbilanz der bislang 92 Duelle beider Clubs. Da nämlich hat der VfB 42 Mal gewonnen – kein anderes Team in der Bundesliga hat mehr Niederlagen gegen Stuttgart als die Eintracht.
(as/dpa/sid)