Wie Tuyana aus Sibirien der Deutschen Bahn das Stromsparen beibringt
29.11.2018, 07:2829.11.2018, 07:36
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10 Terawattstunden verbraucht die Bahn pro
Jahr – fast so viel, wie die gesamte Stadt Hamburg im gleichen Zeitraum benötigt. Die
hohen Stromkosten will der Konzern drücken und schickt daher 30
Energieberater durch die deutsche Bahnwelt und auch zu externen
Unternehmen, um Schwachstellen aufzuspüren.
Eine davon ist Tuyana Wolpert. "Die Bahn hat sich weitreichende Ziele gesetzt", sagt die aus Sibirien stammende Wirtschaftsingenieurin. Unter dem Strich müsse aber auch immer eine Zahl in Euro stehen, die man einsparen könne. Bereits im Jahr 2030 will der Staatsbetrieb zu 80 Prozent Ökostrom verbrauchen, aktuell ist er bei 57 Prozent.
Es gibt also viel zu tun für Wolpert und ihre Kollegen. Eines ihrer
Vorzeige-Objekte ist das S-Bahn-Werk am Frankfurter Hauptbahnhof, in
dem die DB Regio sämtliche 191 S-Bahn-Züge des Rhein-Main-Netzes
wartet. 140 Leute arbeiten hier im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr
und können täglich bis zu 30 Züge wieder fit machen.
Bild: dpa
In der rund 200 Meter langen, im Jahr 2006 grundsanierten
Ex-Pakethalle der Post herrscht auch an einem strengen Wintermorgen
eine angenehme Temperatur von um die 18 Grad, wie sie für Werkstätten
vorgeschrieben ist. Damit es auch im Sommer nicht sehr viel heißer
wird, gibt es an den sieben Giebel-Oberlichtbändern automatische
Entlüftungsanlagen. Das Dach selbst hat die Bahn an die Mainzer Firma
Juwi vermietet, die dort die größte Photovoltaikanlage der Region
betreibt.
Bei ihrer Analyse geht die 32 Jahre alte Beraterin ähnlich vor, wie
sie es in einem privaten Haushalt tun würde. Erster Hebel ist die
Raumtemperatur, die gerade in einer Umgebung, in der körperlich
gearbeitet wird, gesenkt werden kann. Die Fernwärme bezieht die
Frankfurter Werkstatt vom städtischen Versorger Mainova, dessen Rohre
nur wenige Meter von der Grundstücksgrenze verlaufen. 140 Grad heißer
Dampf strömt durch die dicken Rohre. "Wir haben jetzt Fernwärme. Das
ist effektiver und umweltfreundlicher als früher, als wir noch
Ölkessel hatten", sagt Peter Möhn, der für die technischen
Werksanlagen verantwortlich ist.
Bild: dpa
Die mit einem Frankfurter verheiratete Wolpert war erst im Alter von
17 Jahren nach Deutschland gekommen, bereits mit dem erklärten Ziel
eines Studiums. Dass sie damals kein Wort Deutsch konnte und auch ihr
russisches Abitur nicht anerkannt wurde, konnte die junge Frau aus
der russischen Republik Burjatien nicht aufhalten. Nach Sprachkurs,
Fachhochschulreife am Studienkolleg und anschließendem Studium in
Darmstadt knüpfte sie Kontakte zu Siemens, arbeitete bei Daimler und
später in einem Ingenieurbüro. "Das war eigentlich schon immer klar,
dass ich in einem technischen Beruf landen würde."
Jung, weiblich und ganz offensichtlich aus einem fremden Land
stammend – auf den Baustellen lief es für Tuyana Wolpert nicht immer
gleich ganz einfach. "Man muss sich schon durchsetzen können. Aber
das kommt mit der Zeit und den Projekten", erzählt die Russin von
ihren Erfahrungen in der Männerwelt. Neben viel Fachwissen und
kurzfristigen Spar-Erfolgen setzt sie auch ihren schnell erlernten
Mannheimer Dialekt gezielt ein: "Da sind viele dann gleich ein
bisschen lockerer."
Bild: dpa
Die DB Regio hat ihre 53 Werkstattstandorte deutschlandweit für
Schienenfahrzeuge von den Netz-Teams überprüfen lassen und müsste
nach den Vorgaben der Energieberater 6.8 Millionen Euro investieren.
Das jährliche Sparvolumen betrüge dann 1,8 Millionen Euro, so dass
sich das Vorhaben in weniger als vier Jahren rechnen würde.
Die Berater der DB Energie sind auch außerhalb des Konzerns gefragt,
haben beispielsweise Lebensmittelhersteller wie Lieken oder Darboven
beraten, berichtet Sparten-Sprecherin Martine Pfeifer. Neben der
Wärme kümmert sich Energie-Frau Wolpert bei ihren Analysen auch um
Dämmungen, um effiziente LED-Leuchten sowie um die Effizienz älterer
Anlagen.
Häufig rechne sich ein Austausch schon nach wenigen Jahren,
wie bei einem alten Kühlschrank zu Hause. "Das ist dann eine
vernünftige Investition, die auch gut für die Umwelt ist." So richtig
fertig werde sie allerdings nie. "Energiesparen ist immer ein
Prozess. Wenn man einmal angefangen hat, geht es immer weiter."