Viele Hersteller von Kosmetikprodukten und Waschzeug sagen freiwillig: Wir verzichten auf Microbeads, die kleinen Reibkörper, die zum Beispiel in Cremes, Peelings oder Zahnpasten enthalten sind. Besonders gelten soll der Verzicht für Produkte, die zum Abwaschen gedacht sind, also deren Spuren direkt im Wasser landen.
Das ist ein edler Gedanke, leider zeigt aber eine neue Studie, dass in Deutschland immer noch tonnenweise Mikroplastik im Wasser landet – aus Kosmetik sowie Wasch- und Putzmitteln. Pro Jahr kämen schätzungsweise rund 980 Tonnen zusammen, geht aus einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik im Auftrag des Naturschutzbundes (Nabu) hervor. Kleinste Plastikteilchen gelangten in Flüsse und Meere, da Kläranlagen sie nicht vollständig zurückhielten; zudem kämen sie auch mit Klärschlamm auf Felder und damit in die Umwelt, hieß es.
Bisher habe sich die Industrie beim Vermeiden von Mikroplastik auf feste Reibkörper aus Produkten wie Peelings konzentriert, sagte Nabu-Expertin Katharina Istel. In Zahnpasten sind feste Kunststoffpartikel laut dem Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel (IKW) nicht mehr im Einsatz, in anderen Produkten wie speziellen Reinigern sei die Menge sehr stark reduziert worden.
Studienautor Jürgen Bertling sagte der Deutschen Presse-Agentur mit Blick auf Microbeads, er sehe "keinen Grund, die Definition so eng zu halten". Der Fraunhofer-Erhebung zufolge wird Mikroplastik weiter in anderen Funktionen eingesetzt: etwa um Produkte zu trüben, um damit Filme bilden zu können sowie als Füllstoff. Der Nabu forderte vor diesem Hintergrund ein generelles EU-Mikroplastik-Verbot in Kosmetik und Reinigungsmitteln. Als Mikroplastik werden Partikel bis maximal fünf Millimeter Größe bezeichnet.
Doch auch weitere, schwer abbaubare Inhaltsstoffe seien für Laien kaum erkennbar, bemängeln die Naturschützer. Es geht um bestimmte chemische Verbindungen, die teils als schwer abbaubar gelten: sogenannte gelöste Polymere. Diese gelangen der Studie zufolge in weitaus größeren Mengen als Mikroplastik ins Abwasser. Die Autoren gehen von jährlich 46.900 Tonnen aus. Die Substanzen fungieren zum Beispiel als Enthärter, Schmutzabweiser und Emulgator.
Angesichts der hohen Eintragsmengen und der nicht abzuschätzenden Risiken für die Umwelt müssten auch schwer abbaubare wasserlösliche Polymere über die europäische Chemikaliengesetzgebung reguliert werden, forderte Bertling. Die Frage, wie lange ein Stoff in der Umwelt bleibe, müsse ein viel stärkeres Gewicht bekommen als etwa Kriterien wie die Größe von Partikeln.
Bisher werden Polymere, einschließlich Mikroplastik, laut Bertling zwar als "kaum umweltgefährdend" eingestuft. Das liegt Experten zufolge aber auch daran, dass die meisten Stoffe noch gar nicht näher auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft wurden.
Dass in der Fraunhofer-Studie eine gemeinsame Betrachtung von Mikroplastik und gelösten Polymeren befürwortet wird, nennt der IKW auf Anfrage "nicht gerechtfertigt" und verweist auf unterschiedliche Größe, Struktur und physikalisch-chemische Eigenschaften. Zudem seien bisher "keine negativen Effekte" gelöster Polymere in umweltrelevanten Konzentrationen bekannt, auch trügen sie nicht zur Meeresverschmutzung bei.
Manche Experten sehen das anders: Egal ob feste Partikel oder "flüssige Kunststoffe" – die Unterscheidung sei "Haarspalterei", beide seien ähnlich gefährlich, sagte die Umweltchemikerin Gesine Witt (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg) kürzlich in der ARD-Sendung "Plusminus". Der Nabu bezeichnet Putzmittel mit Kennzeichnungen wie dem Blauen Engel und zertifizierte Naturkosmetik als "bessere Wahl" aus Umweltsicht.
Eine frühere Studie des Fraunhofer-Instituts hatte gezeigt, dass hierzulande pro Jahr insgesamt 330.000 Tonnen Mikroplastik in die Umwelt gelangen. Die größte Quelle ist demnach Reifenabrieb. Anders als bei Kosmetik, Wasch- und Putzmittel, die in vielen Fällen beabsichtigt im Abwasser landen, gilt der Eintrag aus anderen Quellen bislang meist als kaum vermeidbar.
(sg/dpa)