Tonnen von Mikroplastik landen weiter im Wasser – Schuld sind Kosmetik und Putzmittel
12.10.2018, 07:5012.10.2018, 08:08
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Viele Hersteller von Kosmetikprodukten und Waschzeug sagen freiwillig: Wir verzichten auf Microbeads, die kleinen Reibkörper, die zum Beispiel in Cremes, Peelings oder Zahnpasten enthalten sind. Besonders gelten soll der Verzicht für Produkte, die zum Abwaschen gedacht sind, also deren Spuren direkt im Wasser landen.
Das ist ein edler Gedanke, leider zeigt aber eine neue Studie, dass in Deutschland immer noch tonnenweise Mikroplastik im Wasser landet – aus Kosmetik sowie Wasch- und Putzmitteln.
Pro Jahr kämen schätzungsweise rund 980 Tonnen zusammen, geht aus
einer kürzlich veröffentlichten Untersuchung des Fraunhofer-Instituts
für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik im Auftrag des
Naturschutzbundes (Nabu) hervor. Kleinste Plastikteilchen gelangten
in Flüsse und Meere, da Kläranlagen sie nicht vollständig
zurückhielten; zudem kämen sie auch mit Klärschlamm auf Felder und
damit in die Umwelt, hieß es.
Bisher habe sich die Industrie beim Vermeiden von Mikroplastik auf
feste Reibkörper aus Produkten wie Peelings konzentriert, sagte
Nabu-Expertin Katharina Istel. In Zahnpasten sind feste
Kunststoffpartikel laut dem Industrieverband Körperpflege- und
Waschmittel (IKW) nicht mehr im Einsatz, in anderen Produkten wie
speziellen Reinigern sei die Menge sehr stark reduziert worden.
Was länger auf dem Körper bleibt, kann auch ordentlich Plastik enthalten
Haarspray oder Nagellack bleiben erst einmal auf dem Körper, zumindest teilweise. Doch beim späteren Waschen dürften auch die im Abfluss landen.
Studienautor Jürgen Bertling sagte der Deutschen Presse-Agentur mit
Blick auf Microbeads, er sehe "keinen Grund, die Definition so eng zu
halten". Der Fraunhofer-Erhebung zufolge wird Mikroplastik weiter in
anderen Funktionen eingesetzt: etwa um Produkte zu trüben, um damit
Filme bilden zu können sowie als Füllstoff. Der Nabu forderte vor
diesem Hintergrund ein generelles EU-Mikroplastik-Verbot in Kosmetik
und Reinigungsmitteln. Als Mikroplastik werden Partikel bis maximal
fünf Millimeter Größe bezeichnet.
Doch auch weitere, schwer abbaubare Inhaltsstoffe seien für Laien
kaum erkennbar, bemängeln die Naturschützer. Es geht um bestimmte
chemische Verbindungen, die teils als schwer abbaubar gelten:
sogenannte gelöste Polymere. Diese gelangen der Studie zufolge in
weitaus größeren Mengen als Mikroplastik ins Abwasser. Die Autoren
gehen von jährlich 46.900 Tonnen aus. Die Substanzen fungieren zum
Beispiel als Enthärter, Schmutzabweiser und Emulgator.
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Video: watson/Lia Haubner
Angesichts der hohen Eintragsmengen und der nicht abzuschätzenden
Risiken für die Umwelt müssten auch schwer abbaubare wasserlösliche
Polymere über die europäische Chemikaliengesetzgebung reguliert
werden, forderte Bertling. Die Frage, wie lange ein Stoff in der
Umwelt bleibe, müsse ein viel stärkeres Gewicht bekommen als etwa
Kriterien wie die Größe von Partikeln.
Bisher werden Polymere, einschließlich Mikroplastik, laut Bertling
zwar als "kaum umweltgefährdend" eingestuft. Das liegt Experten
zufolge aber auch daran, dass die meisten Stoffe noch gar nicht näher
auf ihre Umweltverträglichkeit hin geprüft wurden.
Dass in der Fraunhofer-Studie eine gemeinsame Betrachtung von
Mikroplastik und gelösten Polymeren befürwortet wird, nennt der IKW
auf Anfrage "nicht gerechtfertigt" und verweist auf unterschiedliche
Größe, Struktur und physikalisch-chemische Eigenschaften. Zudem seien
bisher "keine negativen Effekte" gelöster Polymere in
umweltrelevanten Konzentrationen bekannt, auch trügen sie nicht zur
Meeresverschmutzung bei.
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Manche Experten sehen das anders: Egal ob feste Partikel oder "flüssige Kunststoffe" – die Unterscheidung sei "Haarspalterei",
beide seien ähnlich gefährlich, sagte die Umweltchemikerin Gesine
Witt (Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg) kürzlich in
der ARD-Sendung "Plusminus". Der Nabu bezeichnet Putzmittel mit
Kennzeichnungen wie dem Blauen Engel und zertifizierte Naturkosmetik
als "bessere Wahl" aus Umweltsicht.
Eine frühere Studie des Fraunhofer-Instituts hatte gezeigt, dass
hierzulande pro Jahr insgesamt 330.000 Tonnen Mikroplastik in die
Umwelt gelangen. Die größte Quelle ist demnach Reifenabrieb. Anders
als bei Kosmetik, Wasch- und Putzmittel, die in vielen Fällen
beabsichtigt im Abwasser landen, gilt der Eintrag aus anderen Quellen
bislang meist als kaum vermeidbar.