Das Ansehen von Michael Jackson, dem King of Pop, hat in den vergangenen Monaten wegen der HBO-Dokumentation "Leaving Neverland" stark gelitten. Der Fall hat Konsequenzen.
"Dieser Moment übersteigt Michael Jackson. Er ist viel wichtiger als eine einzelne Person." Das sagte der vielleicht größte TV-Star der USA, Oprah Winfrey, als sie die beiden Protagonisten der Missbrauchs-Dokumentation "Leaving Neverland" Wade Robson und James Safechuck interviewte.
Zuvor hatten die Nachlassverwalter von Michael Jackson und die Fans des King of Pop heftig gegen die zweiteilige Dokumentation gewettert und deren Machern und den vermeintlichen Opfern vorgeworfen, die Sendung nur aus Geltungsdrang und Geldgier produziert zu haben.
In dem zweiteiligen Film berichten der heute 36-jährige Robson und der 41-jährige Safechuck auf eindrückliche Weise, wie Jackson die damaligen Jungen missbraucht haben und darüber hinaus ein Alarmsystem entwickelt haben soll. Den Jungen soll immer genügend Zeit geblieben sein, sich anzuziehen, sobald sich andere näherten. Besonders verstörend wirkte die Erzählung einer Schein-Hochzeitszeremonie zwischen dem damals neunjährigen Safechuck und Jackson. Safechuck erklärte, dass er einen kleinen Ring als Symbol für "ihre unsterbliche Liebe" sowie eine Hochzeitsurkunde erhalten habe.
Die Missbrauchsvorwürfe gegen Jackson sind nicht neu, bereits 1993 erhob der Vater von Jordan Chandler Vorwürfe, Jackson habe seinen Sohn sexuell missbraucht. Man einigte sich schließlich außergerichtlich, die Chandlers erhielten eine Abfindung von 22 Millionen US-Dollar. Jackson-Verteidiger warfen den Anklägern stets Geldgier vor und beteuerten die Unschuld des "King of Pop". Doch nach der Eindrücklichkeit der Schilderungen Robsons und Safechucks fängt die Öffentlichkeit langsam an, genauer hinzuschauen.
"Leaving Neverland" wurde am 3. und 4. März auf HBO ausgestrahlt. Und seitdem ist bereits einiges passiert.
Die Macher der "Simpsons" wollen eine Episode nicht mehr ausstrahlen, in der die Stimme von Jackson zu hören ist. "Es fühlt sich ganz klar so an, als sei es das einzig Richtige", sagte der ausführende Produzent James L. Brooks dem "Wall Street Journal". Die erste Folge der dritten Staffel "Die Geburtstagsüberraschung" (Originaltitel: "Stark Raving Dad") soll demnach nicht mehr im Fernsehen wiederholt und von Streamingplattformen entfernt werden.
In der 1991 erstmalig ausgestrahlten Episode trifft Homer Simpson in einer psychiatrischen Klinik auf den Patienten Leon Kompowsky, der vorgibt, Michael Jackson zu sein. Jackson lieh als ein großer Fan der Serie der Figur damals seine Stimme.
Weltweit haben immer mehr Radio-Sender aufgehört die beliebten Songs von Michael Jackson zu spielen.
Die deutschen Radio-Stationen wollen Jackson erst einmal im Sortiment belassen. Der "Spiegel" fragte bei mehreren Sender-Gruppen nach, ob sie den King of Pop weiterhin spielen werden. Der Tenor: Solange es durch die Dokumentation nicht zu einer neuen juristischen Bewertung komme, bleibe Michael Jackson weiterhin im Programm.
Wie das "Billboard-Magazine" berichtet, wurden vom 3. bis 5. März (in dieser Zeit wurde "Leaving Neverland" ausgestrahlt), die Songs von Michael Jackson 5.200 Mal in den Radio-Station der USA gespielt. Das sind rund 13 Prozent weniger als in der Woche zuvor (6.000 Plays zwischen dem 24. und 26. Februar).
Im Staples Center, der Spielstätte der Los Angeles Lakers, wurden die Zuschauer bisher damit bespaßt, dass Fans im Publikum mit einer "Air Band Cam" zu Michael Jacksons "Beat It" tanzten. Wie ESPN-Reporter Dave McMenamin auf Twitter berichtet, haben die Lakers den Song aus dem Sortiment genommen. Stattdessen sollen ein Nirvana-Song und "Johnny B. Goode" von Chuck Berry laufen. Doch auch diese Wahl scheint nicht besonders glücklich. Chuck Berry wurde 1959 zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt, weil er eine 14-Jährige von einem Bundesstaat in den anderen brachte. Beweggrund seien – wie es in der Urteilsverkündung hieß – "unmoralische Zwecke" gewesen. 30 Jahre später bekam Berry eine Strafe auf Bewährung, weil er in seinem Restaurant Kameras auf der Frauen-Toilette installierte und die Aufnahmen mit nach Hause nahm.
(tl/mit dpa)