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Rassismus: Kreisliga-Team verlässt Platz

Mamadou Kebba verlässt nach rassistischen Beleidigungen unter Tränen den Platz.
Mamadou Kebba verlässt nach rassistischen Beleidigungen unter Tränen den Platz.Bild: Michael Neubert
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"Von Weinkrämpfen geschüttelt" – Kreisliga-Team verlässt Platz nach rassistischen Rufen

10.09.2018, 14:0010.09.2018, 17:54
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Ein Kreisliga-A-Spiel am Hochrhein in Baden-Württemberg wurde am Samstagnachmittag abgebrochen, nachdem ein Zuschauer einen Spieler der Gastmannschaft rassistisch beleidigt hatte. 

Was genau war passiert?

Kreisliga A, Ost. Fünfter Spieltag. Es läuft die 85. Minute im Spiel FC Weizen gegen SC Lauchringen, es steht 4:1 für die Heimmannschaft.

"Das Spiel war eigentlich recht gut und fair – zwar kampfbetont, aber die Teams gingen sehr ordentlich miteinander um. Leider kam es dann in der Schlussphase zu dem sehr bedenklichen und traurigen Vorfall", so Thomas Kummer, erster Vorsitzender des SC Lauchringen, in einer offiziellen Stellungnahme, die watson vorliegt und zuvor dem Südbadischen Fußballverband (SBFV) geschickt worden war.

"Unser Spieler wurde massiv rassistisch beleidigt".
Thomas Kummer, erster Vorsitzender des SC Lauchringen

"Unser Spieler Mamadou Kebba wurde von einigen Weizener Zuschauern massiv rassistisch beleidigt, was zur Folge hatte, dass er weinend zu unserer Auswechselkabine rannte und förmlich von Weinkrämpfen geschüttelt wurde", schildert er die Situation weiter. Auslöser der Beleidigungen sei ein harmloser Zweikampf an der Eckfahne gewesen, der von Weizener Zuschauern als Foul interpretiert worden sei.

Der FC Weizen bedauert den Vorfall

Auch Jannik Boma, Vorstandsmitglied des FC Weizen, hat bereits reagiert. In einer Stellungnahme schrieb er im Namen seines Klubs: "Auch ich persönlich war sehr getroffen und noch lange aufgewühlt als ich Kebba Mamadous Reaktion gesehen habe."

Und weiter: 

"Dies tut uns aufrichtig leid und wir entschuldigen uns für diese Situation bei ihm. Gerade im aktuellen Zeitgeschehen sind solche Situationen enorm unglücklich."

Der Verein wolle nochmals unterstreichen, dass er Rassismus auf und neben dem Platz in keiner Weise dulden und tolerieren wolle. Zudem wolle man dies natürlich mit Hochdruck vereinsintern diskutieren und Maßnahmen einleiten, dass so etwas hoffentlich in dieser Form nicht mehr vorkommen werde.

Mehrere rassistische Äußerungen

Thomas Kummer erzählt watson am Telefon, er sei von einigen Zuschauern informiert worden, dass aus einer "Dreiergruppe älterer Männer" rassistische Ausdrücke gegen Kebba gefallen seien sollen. Laut Stellungnahme waren es folgende Begriffe: "Hey Schwarzer….eventuell auch Neger."

Derjenige, der Kebba als Schwarzer betitelt haben soll, habe dies zugegeben, der Andere habe sich, als er Kummer kommen sah, aus dem Staub gemacht. Eine andere Zuschauerin soll zudem folgenden Spruch losgelassen haben: 

"Wie kann man auch einen Schwarzen in ein weißes Trikot stecken".

Kummer selbst sei darüber hinaus von einer größeren Gruppe dumm angemacht worden: "Es ist doch alles nicht so schlimm, wenn man zu mir 'Weißer' sagen würde", schreibt er in der Stellungnahme, "ob ich mich dann auch beleidigt fühlen würde. Eine schon recht seltsame Einstellung. Außerdem würden wir ja nur einen Spielabbruch provozieren, weil wir 1:4 zurückliegen".

Spieler verließen das Feld

Kebba habe nach den Beleidigungen nicht weiterspielen können. Der Mannschaftskapitän des SC Lauchringen habe dann mitgeteilt, "dass seine Mannschaft unter diesen Umständen die Partie nicht mehr fortsetzen will". Die Mannschaft verließ daraufhin geschlossen den Platz. Dann brach Schiedsrichter Gregor Huber das Spiel ab. Michael Neubert, Regionalsport-Reporter beim "Südkurier", zitiert ihn wie folgt:

"Was bleibt mir anderes übrig, als das Spiel zu beenden, wenn die Lauchringer Spieler vom Platz laufen?"
Schiedsrichter Gregor Huber (Erzingen)südkurier.de

Die Spieler der Gastmannschaft zollten der Entscheidung Respekt. In der Stellungnahme des FC Weizen heißt es dazu: "Der Solidarität der Mannschaft des SC Lauchringen gebührt Respekt! Wir sind alle sehr betroffen von der Reaktion des Spielers Kebba Mamadou. Die Äußerung von außerhalb des Platzes hat ihn sichtlich mitgenommen und verletzt."

Kebba möchte nicht über den Vorfall sprechen

Bisher wollte Kebba, laut Thomas Kummer, noch nicht wieder über den Vorfall sprechen. Mamadou Kebba sei 24 Jahre alt und stamme aus Ghana. Nach monatelanger Flucht sei er vor etwa vier Jahren nach Lauchringen gekommen. Er wohne nun in einem Haus in der Gemeinde, fange bald eine Ausbildung an.

"Menschen mit einer solch furchtbaren Vergangenheit (...) reagieren eben sehr emotional, wenn sie sich endlich angekommen fühlen (Wohnung, Verein, Arbeitsplatz) und dann so etwas passiert", schreibt Kummer in dem Schreiben an den SBFV.

"Jeder kann ja für sich interpretieren, wie schlimm diese Äußerungen nun waren, für Kebba waren sie furchtbar!"
Thomas Kummer

Laut Thomas Kummer war es für Kebba eine tolle Geste, wie sich seine Mannschaftskollegen hinter ihn gestellt haben. "Ihm persönlich wird es sehr weitergeholfen haben und ich bin stolz auf meine Elf, die sich, ohne über mögliche Geldbußen nachzudenken, zu diesem Schritt entschieden haben."

Verein will Wertung nicht anfechten

Für Thomas Kummer sei es sehr bedenklich, wenn solche Vorfälle in der Kreisliga A passieren. "Der SCL hat schon seit Jahren immer wieder junge Fußballer aus Afrika integriert (...) – dies ist für uns eine Selbstverständlichkeit."

Die Wertung des Spiels sei noch offen. Thomas Kummer sagt aber schon jetzt: "Der FC Weizen hat das Spiel verdient gewonnen, an der Spielwertung möchten wir absolut nicht rütteln". Weder ein Nachholspiel noch eine Spielwertung zugunsten seiner Mannschaft wolle er akzeptieren.

Denn viel wichtiger ist es, dass es in Zukunft keine rassistischen Äußerungen auf Fußballplätzen gibt. 

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