Keine Experimente! 7 Takeaways vom letzten WM-Test (und Kroos' einzige Schwäche)
08.06.2018, 21:2308.06.2018, 22:05
watson sport
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Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schlägt Saudi-Arabien. Wirkt dabei aber wenig weltmeisterlich.
Und sonst? Bundestrainer Joachim Löw macht klar. Von jetzt an gibt es keine Experimente (zumindest 45 Minuten lang). Und ach ja, Manuel Neuer ist wieder fit. (Zumindest 45 Minuten lang).
7 Takeaways aus dem letzten WM-Vorbereitungsspiel.
Mesut Özil schweigt. Und schweigt. Und schweigt zu seinem Treffen mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Und erntet Missfallen. TV-Experte Thomas Hitzlsberger kritisierte in der ARD: "Immer, wenn es ernst wird, schiebt er es ab an sein Beraterteam."
DFB-Teammanager Oliver Bierhoff grätschte sofort dazwischen und grantelte: "Ihr beendet es doch nicht." Auch Ilkay Gündogan wurde nach der Einwechslung vom Publikum in Leverkusen mit Pfiffen begrüßt.
Da hatte der Test doch noch sein kleines Skandälchen.
In Leverkusen wegen einer Verletzung nicht dabei
Dabei hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dazu schon alles gesagt: "Heimat gibt es auch im Plural."
So viel zur Politik. Und der Sport? Das ist wohl Özils größeres Problem. Schon im Trainingslager in Eppan bemängelte Bundestrainer Joachim Löw Özils Fitness.
Fazit: Braucht Aufbauhilfe. Aber in Russland gibt es wenigstens keine Pfiffe von den heimischen Rängen. (Und Hitzlsberger muss eh im WM-Studio in Baden-Baden bleiben.)
Jérôme Boateng – der Weltmeister ist zurück
Die Erkenntnis des Spiels: Jérôme Boateng kann wieder spielen. Viel war im Trainingslager in Eppan gerätselt worden nach der langwierigen Adduktorenverletzung. Läuft er wieder rund? Er läuft wieder. Und zwar ziemlich rund. Das war die Erkenntnis des Abends.
Bundestrainer Joachim Löw taktiert ja gern. Dem verletzten Sami Khedira schenkte er vor der WM 2014 sein Vertrauen. Das Ganze klappte. Dem verletzten Bastian Schweinsteiger schenkte er vor der EM 2016 sein Vertrauen. Das Ganze klappte nicht.
Mit Boateng scheint das Ganze nun aufzugehen.
Fazit: Der wichtigste Abwehrmann im Team ist rechtzeitig zurück.
Mats Hummels – nicht lang schnacken, Kopf in Nacken!
Anhänger der SG Eintracht Frankfurt können sich diese Szene nicht oft genug anschauen. Pfingstsamstag, DFB-Pokalfinale. Eintracht Stürmer Gacinovic jagt
kurz vor Schluss auf und davon, verfolgt von Bayern-Verteidiger Mats Hummels.
Früh wirft Hummels den Kopf in den Nacken. Und gibt damit das Zeichen: Es reicht nicht! Schon beim Führungstreffer von Ante Rebic war das so.
Den
Eindruck hatte der Beobachter bei Hummels zuletzt öfter. Im Verein und in der
Nationalelf. Am Freitag wirkte er im Sprint etwas frischer. Vielleicht verlieh auch Nebenmann Jérôme Boateng ein wenig Sicherheit.
Lange war der Linksverteidiger des 1. FC Köln verletzt, in der Rückrunde kam er
wieder. Offensiv ganz wie früher, Hectors Treffer im letzten Saisonspiel gegen
den VfL Wolfsburg hat das Zeug zum Tor des Jahres.
Hectors Tor der Saison
Defensiv aber hapert es
manchmal. Wer aufmerksam die Spiele des FC verfolgte (und durchaus mit
Sympathie für Hector), musste feststellen: Auffällig viele Tore fielen über die
linke Seite. Auch beim Test gegen Österreich lief Hector bei beiden
Gegentreffern durchs Bild.
Fazit: Defensiv kann Schlaubi besser. Aber Löw will ja ohnehin offensiv spielen lassen.
Joshua Kimmich – der neue Lahm
Es soll Leute geben, die sind nicht recht glücklich, wenn sie an der
Supermarktkasse ein Sammelbildchen von Joshua Kimmich kriegen. Die sollten sich
schämen, und den Sticker aufbewahren. Er dürfte im Wert steigen.
Joshua Kimmich
spielt so zuverlässig auf der rechten Abwehrseite, das man meinen könnte,
Philipp Lahm sei nie aus der Nationalelf zurücktreten. Ja, vielleicht sogar,
dass Philipp Lahm seine Karriere überhaupt nie beendet hätte, sondern einfach
nur mit neuem Namen und neuer Rückennummer zurückgekehrt sei auf den Platz.
Im Training
Kimmich kann was. Und er
will was, nämlich gewinnen.
Fazit: Wird während des Turniers noch wertvoll. Und für den Neuaufbau des Teams
nach der WM ohnehin unverzichtbar.
Toni Kroos – hat nur eine Schwäche. Und die heißt "Pur"
Und die heißt Pur.
Das Magazin „mobil“ der Deutschen Bahn hat zur WM ein Sonderheft herausgegeben.
Der spanische Journalist Diego Torres
von der Zeitung „El Pais“ portraitiert Toni Kroos. Und er schildert den Ausruf
eines Zuschauers, der den Leibhaftigen beim Weltpokalfinale Real Madrid gegen
San Lorenzo 2014 in Marrakesch zum ersten Mal live sah: „Er gleicht einem
Roboter.“
"Es hat noch nicht alles funktioniert", sagte Kroos nach dem Spiel gegen Saudi-Arabien. An ihm hat's nicht gelegen.
Dieser Toni Kroos ist eine Maschine. Für ihn wurde die
Messeinheit "Packing" erfunden. Überhaupt hat der Kerl nur eine Schwäche: Er ist
Fan von Hartmut Engler und dessen Band „Pur“. Wenn’s mehr nicht ist.
Fazit: Auf Kroos ist Verlass. Immer.
Timo Werner – der Avatar
In der Frage des Stoßstürmers macht es sich Auswahltrainer Joachim Löw nicht
leicht. Mario Gomez oder Timo Werner? Beide sind jetzt nicht unbedingt die
Lieblinge des deutschen Fußball-Stammtischs. Löw scheint für
Werner zu tendieren. Der hat das Vertrauen gerechtfertigt und war ein zwei Toren beteiligt.
Werner, von dem manche glauben, er kann einfach nur schnell
laufen. Werners (PR-)Problem ist ein anderes: der Kerl sieht aus wie sein
eigener Avatar.
Der Vergleich
Alle, die in der emotionalen Scholl-Debatte (die jungen
Spieler „können die taktischen System furzen“) eher zu Mehmet Scholl tendieren,
tendieren damit auch gegen Timo Werner, den Stürmer von RB 2009 Leipzig. Wer in
auf der Playsi aber erstmal im eigenen Team hat, ist sehr zufrieden.
Fazit: Timo Werner wärmt das Fan-Herz nicht so sehr wie Lukas Podolski. Spielt
aber besser. Und darauf kommt’s an.