Wer deutlich jünger aussieht, als das Geburtsdatum nahelegt, der befindet sich in einer Schicksalsgemeinschaft. Einem unfreiwilligen Kollektiv der Kindlichkeit.
Außen knapp unter volljährig, innen vielleicht schon über 30. Das führt zu diesen Situationen:
Ob beim Rubelloskaufen, beim Bier-shoppen im Späti oder im Club. Anfänglich kam dir das noch wie ein Kompliment vor, mittlerweile fühlt es sich an wie blanker Hohn. Spätestens, wenn du morgens beim Bäcker gefragt wirst, ob man dich "Fräulein" nennen soll, hast du genug vom Kindchenschema.
Denn du weißt einfach haargenau, dass der Abend damit gelaufen ist. Deine Freunde müssen dir Bier mitbringen und in der Schlange vor'm Club diskutiert ihr, mit welchen Überredungskünsten du beim Türsteher die meisten Chancen haben wirst. "Aber ich werd' echt viel trinken. Wirklich." Erniedrigend.
"Später wirst du froh darüber sein!" Jaja, whatever. Deine Mitmenschen möchten dich trösten und dir aufzeigen, warum du eigentlich dankbar für dein jugendliches Antlitz sein könntest. Aber a) hilft das wenig, wenn du gerade deinen Ausweis vergessen hast (siehe oben) und b) beschleicht dich langsam aber sicher die Vermutung, dass man dir spätestens ab Mitte 30 dein wahres Alter ansieht. Dedüm.
Überbezahlte Manager nennen es "natürliche Autorität. Und Menschen mit natürlicher Autorität werden ernst genommen. Du nicht. Du wirst am Empfang für eine Catering-Person gehalten. An der Garderobe bekommst du die Mäntel in die Hand gedrückt. Und im Aufzug wirst du mit "Ah, und Sie sind also die Praktikantin" begrüßt.
Die ältere Tante hat dein wahres Alter nicht auf dem Schirm. Kein Problem. Bis sie dich fragt: "Na, was willst du mal studieren". Dabei hast du vor zwei Jahren deinen Bachelor gemacht.
Du lernst neue Leute kennen. Irgendwann kommt die Sprache auf's Alter. Und wenn du an der Reihe bist, ist erstmal Stille. Dann kommt: "Eeecht?!" Ja, echt. Und du weißt genau: Ab jetzt heißt es hinter deinem Rücken: "Die sieht aus wie 12."
"Die gehört doch eigentlich längst ins Bett."