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"Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht": Leseprobe aus dem Buch von Gunda Windmüller

Gunda Windmüllers Buch "Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht" erscheint am 12. März im Rowohlt Verlag.
Gunda Windmüllers Buch "Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht" erscheint am 12. März im Rowohlt Verlag.bild: Astrid Kasimir/watson montage
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Wir müssen unser Bild von der bemitleidenswerten Singlefrau überdenken

Die watson-Redakteurin Gunda Windmüller plädiert in ihrem Buch "Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht" leidenschaftlich dafür, unser Bild von der bemitleidenswerten Singlefrau zu überdenken. Denn das Leben allein kann verdammt gut sein.
12.03.2019, 18:4312.03.2019, 18:43
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Leider nimmt das den meisten Frauen ohne festen Partner nach wie vor kaum einer ab. Gerne heißt es mal: "Was macht die Liebe? Hast du schon mal Online-Dating probiert?"

Das ist gut gemeint, es schwingt aber immer mit: Was stimmt nicht mit dir? Die wichtigere Frage lautet jedoch: Was stimmt nicht mit einer Gesellschaft, in der allen Scheidungsstatistiken zum Trotz die dauerhafte Paarbeziehung nach wie vor als Nonplusultra gilt?

Wir haben eine Leseprobe aus Gunda Windmüllers Buch für euch:

Ich gebe es besser gleich zu. Ich bin Mitte dreißig. Ich bin nicht verheiratet. Ich habe keine Kinder. Ich bin weiblich, ledig, und ich bin glücklich. Ich ahne, hier fangen viele an zu zweifeln. Das letzte Wort passt nicht ganz, meinen Sie? Weiblich, ledig und glücklich? Vor Ihrem Auge entsteht das Bild einer Frau, die trotzig etwas behauptet, das sie vielleicht gerade im Moment verspürt, aber doch nicht dauerhaft. Zumindest nicht in meinem Alter. Sie sind mit Ihrem Zweifel nicht alleine. Der Rest der Welt zweifelt auch. Einige an mir, einige an sich selbst und fast alle an uns. An uns Singlefrauen. Mitte dreißig und Single.

Mit diesen Merkmalen ist Selbstmitleid erlaubt, stand in einem einschlägigen Magazin. Denn diese Eckdaten einer Existenz bedeuten auf den ersten Blick vor allem eines: In diesem Alter einen Partner auf Augenhöhe zu finden, wird schwer. Überhaupt einen Partner zu finden, wird schwer. In den Augen vieler Menschen bin ich daher ein ziemlich tragischer Fall. Mitte dreißig, Single, keine Kinder. Das sind Eckdaten meiner Geschichte. Das sind aber nicht nur meine, es sind auch die Eckdaten vieler anderer Frauen und Männer.

Die Zahl der Singles liegt in Deutschland bei circa 25 Prozent, sie ist in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen. In Großstädten liegt sie noch höher. Von den Frauen zwischen 40 und 44 sind gut 20 Prozent kinderlos, beinahe doppelt so viele wie noch im Jahr 1990. Fast jede fünfte Familie hat eine alleinerziehende Mutter oder alleinerziehenden Vater. In neun von zehn Fällen ist es allerdings eine alleinerziehende Mutter.

Diese statistischen Eckdaten sind wie Pflöcke im Boden einer Lebenserzählung. Sie helfen, eine Geschichte zu erzählen, sie aufzuspannen, sie zu ordnen, ihr einen Sinn zu geben, in dem man sich einrichten kann. Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus. Zwischen diesen Pflöcken kann jedoch alles Mögliche stecken, die Zwischenräume können ganz unterschiedlich aussehen. Ganz unterschiedliche Frauen mit ganz unterschiedlichen Leben. Frauen, die alleine gut klarkommen, Frauen, die schon ganz gerne mal wieder einen Partner hätten, Frauen, die die Dinge auf sich zukommen lassen, Frauen, die vom klassischen Beziehungsbild die Nase voll haben, Frauen, die unbedingt einen Mann brauchen. Und so weiter.

Viele Geschichten, viele davon ziemlich glücklich. Und trotzdem. Was eigentlich nur Eckdaten sind, wird betrachtet, als sei es die ganze Geschichte. Sie scheinen für sich zu sprechen. Und das, was sie sagen, ist immer latent tragisch. Aus diesen Daten werden schnell Geschichten von einsamen Nächten und enttäuschenden Dates. Von Mädelsabenden mit zu viel Prosecco. Von tickenden Uhren und besorgten Freundinnen. Von Frauen, die sich die Zähne ausbeißen an der Frage: Warum will mich keiner?

Ganz viele Klischees. Aber die so nachhaltig, dass viele sie glauben. Auch wir selbst, irgendwann. "Offenbar ist eine alleinstehende Frau für viele immer noch das Schlimmste, ein vollkommen inakzeptabler Zustand", befand die CSU-Politikerin Ilse Aigner in einem Interview: "Man kann geschieden sein, zum vierten Mal verheiratet, man kann schwul, lesbisch, irgendwas sein. Aber alleinstehend, das geht nicht." Unverheiratete Politikerinnen müssen sich ab spätestens Mitte dreißig gefallen lassen, dass man ihnen Kompetenzen abspricht. Wer keine Kinder hat, dem fehlt die Empathie, wer keinen Partner hat, der muss folgende Schlagzeile über sich ergehen lassen: "Ilse Aigner – Fehlt ihr der Mann zur Macht?" Kann man sich nicht ausdenken. Doch das Singlesein wird nicht nur für Politikerinnen zum "inakzeptablen Zustand".

Die Geschichte der alleinstehenden Frau ist grundsätzlich eine Geschichte der Verfehlungen. Singlefrauen sind egoistisch und kapriziös, aber sie sind auch ein Stück weit selbst schuld an ihrem Unglück. Singlefrauen! Man weiß gar nicht, ob man sie bedauern soll oder vielleicht doch lieber zurechtweisen. Zusammengefasst zeigen diese Erfahrungen: Singlefrauen dürfen ihre Geschichten nicht selbst erzählen. Eine Geschichte von "weiblich, ledig, glücklich" klingt zu unglaubwürdig. Dabei lassen sich diese Geschichten sehr wahrhaftig erzählen. Man muss sie nur anders erzählen. Da winken die meisten schnell ab. Aber was, wenn wir es trotzdem tun? Was, wenn man eine andere Geschichte erzählen würde?

Meine Geschichte ist zum Beispiel eine andere. Ich bin Mitte dreißig. Ich habe sehr gute, enge Freunde. Ich habe einen Job, den ich richtig mag. Ich bin wirtschaftlich unabhängig. Ich treffe mich mit Männern. Ich freue mich, wenn ich die Kinder meiner Freunde sehe. Ich trinke gerne Prosecco, und Schuhe habe ich vermutlich auch mehr als genug. Aber das habe ich noch nie als Ausweis meines Scheiterns betrachtet. Ich bin nämlich ziemlich glücklich. Das ist das Leben, das auf meinen Eckdaten ruht. Mir fehlt kein Partner. Das ist meine Geschichte. Sie ist anders. Sie zu erzählen scheint einfach, oder? Aber das ist es nicht. Denn sie hat einen erheblichen Mangel. Denn mir fehlt natürlich trotzdem etwas. Mir fehlt eine Gesellschaft, die mir diese Geschichte zutraut.

Über die Autorin:
Gunda Windmüller, geboren 1980, ist promovierte Literaturwissenschaftlerin. Als freie Journalistin schrieb sie u.a. für Welt und ze.tt. Seit Anfang 2018 ist sie Redakteurin bei watson.

Ihr Buch "Weiblich, ledig, glücklich – sucht nicht" erscheint am 12. März im Rowohlt Verlag. Hier könnt ihr mehr darüber erfahren und es als Paperback oder E-Book erwerben.

(as)

Dr. G-Punkt erklärt den Orgasm Gap

Video: watson/Gunda Windmüller, Lia Haubner
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